PRESSE Wort.lu Blaulichtreform mit dem Rotstift

Ärger um nicht abgesprochene Änderungen

SNPGL überrascht von kurzfristigen Streichungen im finalen Text des Reformprojekts

SNPGL: „Aspirants de police“ werden gegenüber anderen „Fonctionnaires stagiaires“ benachteiligt.

 

SNPGL: „Aspirants de police“ werden gegenüber anderen „Fonctionnaires stagiaires“ benachteiligt.
Foto: Lex Kleren

(str) – Ende Juli hat der Ministerrat den Gesetzestext zur Polizeireform auf den Instanzenweg geschickt. Die Verantwortung für das umstrittene Dossier wurde somit dem Parlament übertragen. Wer dachte, dass damit alle Diskussionen vom Tisch sind und sich jeder mit dem Stand der Dinge abfindet, liegt grundfalsch.

Denn scheinbar wurden noch in letzter Minute mit dem Rotstift Änderungen vollzogen, die den zuvor ausgehandelten Konsens einfach aushebeln. Das zumindest ist die Auffassung der Polizeigewerkschaft SNPGL.

„Im Text, den der Ministerrat auf den Instanzenweg geschickt hat, wurden ganze Passagen gestrichen und an anderer Stelle wurden einfach Dinge hinzugefügt“, unterstreicht Präsident Pascal Ricquier. „Das hat keiner zuvor gesagt, es wurde einfach so in letzter Minute gemacht.“

Ein Wort, das einfach so hinzugefügt wurde und Ricquier 
bitter aufstößt, ist „imminent“.
Im Bereich der Gefahrenabwehr. also auch der Terrorbekämpfung, heißt es nun, dass besondere Maßnahmen ergriffen werden könnten, „s’il existe un danger grave, imminent et concret pour le public“. Für den Präsidenten des „Syndicat national de la police grand-ducale“ sollte der Wortlaut aber unbedingt bei „grave et concret“ belassen werden. „Wenn die Gefahr unmittelbar bevorsteht, dann ist es so gut wie zu spät“, mahnt er. Zudem sollte auch die Formulierung „grave et concret“ besser definiert werden.

Nicht nachvollziehbar sind für Pascal Ricquier beispielsweise die Änderungen, die im Zusammenhang mit dem „Comité d’accompagnement des missions de police judiciaire“ eingebracht wurden. „Bei Punkt fünf heißt es jetzt, dass die Berichte der Polizei von diesem Komitee auf ihre Qualität hin geprüft werden sollen“, führt Ricquier aus. „Warum soll dieses Gremium mit den ranghöchsten Magistraten und Polizisten unsere Berichte überprüfen? Das geschieht bereits polizeiintern.“

Pascal Ricquier: "Kriminalität, die Bürger am meisten betrifft, ist für Einige nicht prioritär".
Pascal Ricquier: „Kriminalität, die Bürger am meisten betrifft, ist für Einige nicht prioritär“.
Foto: Pierre Matgé

Völlig überrascht sei man dann bei Punkt sechs der Aufgaben des „Comité d’accompagnement“ der Kriminalpolizei. Das Komitee soll die Kandidaturen für die wichtigsten Posten in der Kripo begutachten: den „Directeur central de police judiciaire“, den Direktor und beigeordneten Direktor des „Service de police judiciaire“ sowie die Sektionschefs und Abteilungsleiter.

„Für die Direktorenposten ist das ja noch nachvollziehbar“, meint Ricquier. „Dass die Justiz nun mit über 
,postes à responsabilité particulière‘ in der Polizei bestimmen will, das ist schockierend. Das sind verwaltungsinterne Entscheidungen. Diese sollten alleine dem Polizeigeneraldirektor zustehen.“

Der Vertreter des Vertrerters des Verterters

Auch bei der Definition des „Comité d’accompagnement“ sei ein folgenschwerer Satz hinzugefügt worden: Das Gremium ist aus dem Generalstaatsanwalt, den leitenden Staatsanwälten, dem leitenden Untersuchungsrichter, dem Polizeigeneraldirektor, dem Zentraldirektor für den Bereich der „police judicaire“ und dem Zentraldirektor der „police administrative“ zusammengesetzt.

Die neue Passage im Gesetzestext sieht nun vor, dass sich alle genannten Mitglieder beliebig in diesem Rat vertreten lassen können. „Irgendwann sitzt dann nur noch der Letzte aus der jeweiligen Reihe im Komitee – mit der entsprechenden Entscheidungsgewalt“, bekräftigt Ricquier. „Wir wollen daher, dass festgehalten wird, dass sich ein Ratsmitglied nur von seinem direkten Stellvertreter vertreten lassen kann.“

Die Sache mit dem Srec

Massiv mit dem Rotstift sei im Vergleich zu jener Textfassung, die den Gewerkschaften ausgehändigt wurde, bei der Definition der Aufgaben der Kriminalpolizei gearbeitet worden.

„Es ist so, dass die regionalen ,Sections de recherche‘ nach den ursprünglichen Reformplänen ihrer bürgernahen Arbeit nicht mehr nachgehen hätten können“, erklärt Pascal Ricquier. „Etwa im Bahnhofsviertel, wo sie massiv aufgeräumt haben. Das ist viel Arbeit und keine, die einem von selbst in den Schoß fällt. In den Arbeitsgruppen gab es Leute, die meinten, dass der Kleinkriminalität keine Priorität mehr zugestanden werden soll. Das sehen wir anders.“

Deshalb habe man auf eine ganze Reihe von Abänderungen bestanden, die nun einfach aus dem Text gestrichen worden seien. Dabei seien sie eingefügt worden, um sicherzustellen, dass diese Aufgaben in Zukunft nicht zu kurz kommen. „Diese Missionen müssen im Gesetzestext festgehalten werden“, fordert Ricquier. „Jetzt aber, heißt es einfach nur, dass die dezentralen Dienststellen den Direktoren der Kriminalpolizei unterstellt sind. Kein Wort mehr über die alltäglichen Aufgaben.“

Für Ricquier ist das ein großes Problem: „Ich befürchte, dass es darauf hinausläuft, dass die ,Sections de recherche‘ benutzt werden, um die ,prioritären‘ internationalen Dossiers zu bewältigen und dann nicht mehr auf der Straße präsent sein werden.“ Die Folge: Die Bekämpfung jener Kriminalitätsphänomene, die den Bürger direkt betreffen, falle dem Rotstift zum Opfer.

Polizeianwärter diskriminiert

Das Gesetzesprojekt, so wie es auf den Instanzenweg geschickt wurde, habe zudem auch Folgen für künftige Generationen von Polizisten. „In allen Staats
diensten wird Berufsanfängern in den drei ersten Jahren der Status eines ,Fonctionnaire stagiaire‘ mit dem gleichen Anfangsgehalt von 80 Prozent erteilt. Nur bei der Polizei nicht“, ärgert sich Ricquier. „Sie bekommen einen eigenen Status als ,Aspirants de police‘ und als solche weniger als die 80 Prozent.“

Die Einsparungen betreffen im Übrigen nur die Karriereebenen B et C, nicht aber die Laufbahn A – jene der angehenden „Cadres supérieurs“.

Aber auch bei den Karrierepunkten und Bereitschaftsprämien gebe es gravierende Unterschiede zwischen angehenden Polizisten und Berufsanfänger in anderen Staatsdiensten.

Eine wichtige Rolle bei der Ausbildung von Polizisten komme der Kasernierung zu. Jetzt jedoch würde diese einfach als Sachbezüge, demnach als Lohnausgleich verkauft. Und weiter: Während den „Stagiaires“ in allen Staatsdiensten Essensgeld ausgezahlt werde, gebe es für Polizisten lediglich im ersten Jahr Kantinenverpflegung. Truppen motivieren, gehe anders.

Source Wort.lu

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