PRESSE Wort.lu Die neue APPJ-Spitze im Interview

Die Reform schwächt die Kriminalpolizei“

Personalvertretung der „Police judiciaire“ kämpft weiter gegen umstrittenes Gesetzesprojekt

Neuer Wind,
 aber gleiche 
harte Linie: Tanja Zwanck und Sacha Georges leiten 
seit vergangenem Monat die 
Geschicke der 
Polizeigewerkschaft APPJ.
Neuer Wind,
 aber gleiche 
harte Linie: Tanja Zwanck und Sacha Georges leiten 
seit vergangenem Monat die 
Geschicke der 
Polizeigewerkschaft APPJ.
Foto: Guy Jallay

(str) – Die „Association du personnel de la police judiciaire“ (APPJ), die Berufsvertretung der Kriminalpolizisten, erneuert sich. Der langjährige Gewerkschaftspräsident Fernand Ruppert hat zum Jahresanfang seinen Rentenanspruch geltend gemacht und in der Generalversammlung nun einer jüngeren Generation von Kriminalbeamten den Weg frei gemacht. Einstimmig wurden die Finanzermittlerin Tanja Zwanck (36) als neue Präsidentin und Sacha Georges (37) aus der Abteilung für Schwerkriminalität als Sekretär gewählt. Der bisherige Sekretär Joel Scheuer unterstützt sie künftig als Vizepräsident.

Die APPJ hat im Sommer für einen Eklat gesorgt, als sie klarstellte, dass sie die von Etienne Schneider vorgestellte Reform nicht tragen werde. Der Minister ließ sich davon nicht beeinflussen und schickte das Gesetzesprojekt dennoch auf den Instanzenweg. Jetzt wollen Sie den Kampf Ihrer Vorgänger für eine stärkere Kriminalpolizei fortsetzen. Ist es dafür nicht längst zu spät?

Sacha Georges: Nein, wir sind noch immer zuversichtlich, dass endlich jemand aufwacht und merkt, dass die Reform, wie sie jetzt auf den Instanzenweg geschickt wurde, die Kriminalpolizei nur schwächen kann.
Tania Zwanck:
Wir hoffen, dass jemand unseren „Avis“ zum Gesetzestext liest, sich dann vielleicht Fragen stellt und anschließend die richtige Entscheidung trifft. Es wurde nämlich schlicht und einfach verpasst, die Kriminalpolizei sinnvoll zu reformieren. Es reicht nicht, nur die regionalen Einheiten in ein Mutterhaus zu integrieren. Wir brauchen eine ernsthafte Reform.

Das Gesetzesprojekt ist doch bereits auf dem Instanzenweg. Was können Sie denn jetzt noch bewirken?

T.Z.: Wir hoffen ganz klar auf Abänderungen im Gesetzestext. Da gibt es Dinge, die unbedingt und sofort geändert werden müssen. Die Mindestzahl von Kriminalpolizisten darf beispielsweise auf keinen Fall gestrichen werden. Sonst wird es sehr leicht, die Kriminalpolizei weiter zu schwächen, indem man einfach Effektive streicht.
S.G.:
Und auch die Aufgaben der Kriminalpolizei müssen weiterhin per Gesetz definiert werden. Sonst könnten die vielleicht einfach mal wegfallen. Zudem ist uns aufgefallen, dass bestimmte Fachbegriffe einfach so aus dem Gesetz gestrichen wurden, so etwa die Zuständigkeit für „Infractions graves et d’une complexité particulière“ oder auch die erforderte „Qualification particulière“ der Kripo-Beamten.

Warum ist das von Bedeutung?

S.G.: Diese Begriffe machen die Kriminalpolizei aus. Sie zeichnen die Besonderheit ihrer Aufgaben aus. Angesichts der Herausforderungen der modernen Kriminalitätsbekämpfung brauchen Ermittler einfach ein höheres Bildungsniveau. Abitur sollte eine Mindestanforderung sein. Hier gibt es derzeit schon alleine sprachlich teilweise erhebliche Defizite. Von der fehlenden Fachkenntnis gar nicht zu sprechen. Wenn die höhere Qualifizierung nicht im Gesetz steht, dann wird sie bei der Rekrutierung von neuen Ermittlern wohl kaum von der Verwaltung beachtet werden. Zudem wurden bisher Beamte vom 
Minister zum Kriminalbeamten ernannt. Davon ist im neuen Text plötzlich keine Rede mehr.

Ist denn Kriminalpolizist nicht Kriminalpolizist, egal wer ihn ernennt?

S.G: Doch, aber diese Nominierung schützte bislang die Ermittler. Wer vom Minister nominiert ist, kann nicht einfach so aus der Kriminalpolizei abgezogen werden, wenn er unbequeme Fragen stellt oder dort ermittelt, wo es wehtut. Wer diese Passagen aus dem Gesetzestext streicht, der will die „Police judiciaire“ schwächen.

Wer hätte denn Interesse daran, die Kriminalpolizei zu schwächen?

T.Z.: Das ist die Frage. Wer hat die Passagen denn aus dem Text gestrichen? Wir wissen es nicht.
S.G.: Warum überhaupt die ministerielle Nominierung streichen? Ist das die Idee eines Ministers, vielleicht im Sinne der „Simplification administrative“? Oder gibt es andere Gründe? Wer ist denn so nah an den Texten dran? Wer hat sie geschrieben?

Sie haben doch bestimmt eine Idee, wer dahinter stecken könnte?

S.G.: Wir wissen nicht, wer da federführend war. Klar ist, dass jemandem daran gelegen haben muss, diese Dinge zu streichen.

Wie wollen Sie denn jetzt noch gegensteuern?

T.Z.: Indem wir weiter den Kontakt zur Politik suchen. Dort hört man uns auch zu, allerdings 
werden wir das Gefühl nicht los, dass es den Entscheidungsträgern schlicht egal ist. 2018 soll der Hebel umgelegt werden, und das war es dann. Nach dem Motto: Wie die Kriminalpolizei dann funktionieren wird, das sehen wir dann. Für die Ermittler bleibt allerdings nur Unsicherheit. Niemand weiß, wie seine Zukunft in der Kriminalpolizei aussieht.

Mit welchen Konsequenzen?

S.G.: Als direkte Folge hat bereits eine ganze Reihe von Beamten die Kriminalpolizei verlassen, darunter sehr erfahrene Beamte, also solche, die neue Rekruten bei der Hand nehmen könnten. Besonders von dieser Unsicherheit sind aber auch die Kollegen der regionalen Kriminalpolizeieinheiten betroffen. Im August 2016 wurde der Gesetzestext eingereicht, der die Integrierung der „Sections de Recherche“ in die „Police judiciaire“ vorsieht, und acht Monate später wissen sie immer noch nicht, was mit ihnen passieren wird – ob sie nun in ihrer Fachabteilung bleiben, ob sie in eine der regionalen Antennen kommen oder zur Zentrale nach Hamm. Minister Schneider hat den Bürgermeistern versprochen, die Sicherheit auch auf regionaler Ebene weiter zu garantieren. Ich weiß nicht, ob wir das tatsächlich können.

Minister Schneider hat den Bürgermeistern versprochen, die Sicherheit auch auf regionaler Ebene weiter zu garantieren. Ich weiß nicht, ob wir das tatsächlich können.“

Demnach ist in der Frage der Kriminalpolizei seit der Aussetzung der Arbeitsgruppen zur Reform nichts mehr geschehen?

S.G.: Nachdem der damalige Direktor der Kriminalpolizei, Jeff Neuens, im letzten Sommer „abgeschossen“ wurde, ist von dem „Livrable“ aus den Arbeitsgruppen nichts mehr zu sehen oder zu hören. Gerüchten zufolge ist es nur noch im Darknet zu finden. Aber im Ernst. Es ist nichts mehr passiert. Es wurden sich offensichtlich nicht einmal mehr Gedanken zur „Police judiciaire“ gemacht. Bei der „Police administrative“ hingegen, da rauchen die Köpfe. Da wird sich aufgestellt, da werden die Texte im Parlamentsausschuss verteidigt. Nur bei der Kripo passiert nichts.

T.Z.: Jeder weiß Bescheid, wie schlecht es um die Kripo steht. Und doch passiert nichts. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Politik sich nicht für uns interessiert. Aber wir werden weiter kämpfen.

Source Wort.lu

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