PRESSE Journal.lu „Man bewegt sich in der Illegalität“

journal.lu – 13.10.2017

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Viele Aspekte des neu angedachten Disziplinargesetzes stoßen der Gewerkschaft noch übelst auf – Minister Schneider hat aber bereits etwas eingelenkt Foto: Editpress

LUXEMBURG
INGO ZWANK

 

Polizeigewerkschaft SNPGL wehrt sich gegen das neue Disziplinargesetz –

Wenn „Illegalität“ in direktem Zusammenhang mit Polizei verwendet wird, dann kann es haarig werden – und durchaus vor Gericht landen – so auch hier: Bei fehlender, aber versprochener Transparenz geht es wieder einmal um die Polizeireform und das daran angehängte Disziplinargesetz. Der Unmut war den Polizeigewerkschaftlern auch gestern noch deutlich anzumerken. „Am Donnerstag haben wir uns mit Verantwortlichen im Ministerium getroffen, es ging unter anderem um das neue Disziplinargesetz“, sagte der Präsident der Polizeigewerkschaft SNPGL, Pascal Ricquier, auf einer anberaumten Pressekonferenz.

Immunität für Generaldirektor?

Das Disziplinargesetz für „Polizei und auch Armee“ wurde in der zuständigen Parlamentskommission behandelt und sollte nun wieder an den Staatsrat weitergegeben werden. „Nur haben wir davon gar keine Kenntnis bekommen“, sagte der Präsident im Hinblick auch auf die Änderung in den Gesetzestexten dem „Journal“ gegenüber. Eine fragwürdige Vorgehensweise, findet das die Gewerkschaft. Zumal man mithilfe eines Anwalts für Armee und Polizei ein Gutachten – „die Stellungnahme ist rund 40 Seiten lang“ – verfassen ließ, das mit keiner Silbe berücksichtigt worden sei, wie Ricquier betont.

„Als ich von diesem Vorgehen erfahren habe, habe ich sofort die Kommissionspräsidentin Claudia Dall’Agnol kontaktiert und ihr deutlich gemacht, dass es so nicht gehen kann.“ Nur auf dieses gewerkschaftliche Drängen hin kam es zu dem erneuten Treffen am Donnerstag. „Sonst wäre alles abgenickt worden“, sagte Ricquier noch am späten Donnerstagabend dem „Journal“ gegenüber. Warum man nicht mit eingebunden wurde, „das wissen wir nicht“, sagte der Präsident. Wie sich bei diesem Treffen herausstellen sollte, sie die Gewerkschaftsstellungnahme teilweise überhaupt nicht gelesen worden, womit auch keine Vorhalte berücksichtigt werden konnten.

Bei besagtem Treffen war unter anderem auch Monique Stirn als Generalinspektorin der Polizei anwesend. „Uns wurde da eröffnet, dass Stirn mit an dem Gesetz gearbeitet habe, eine Person, die also nachher damit beauftragt wird, das Gesetz umzusetzen“ – ein gewisser Beigeschmack für die Gewerkschaft.

Vorschläge gar nicht zurKenntnis genommen

Reiben tut sich die Gewerkschaft vor allem daran, dass sie als Personalvertretung gar nicht in diesen weiteren Prozess mit eingebunden und „das Gutachten quasi komplett ignoriert“ wurde. Wurde doch vom Minister betont, dass man alles in breiter Transparenz vermitteln wolle. Davon kann dann hier nicht ganz die Rede sein. „Wir werden uns aber nicht leichtfertig abspeisen lassen“, sagte Ricquier. In dem neuen Disziplinargesetz ist beispielsweise nicht vorgesehen, dass man etwas gegen den Polizeigeneraldirektor unternehmen kann, führte die Gewerkschaft aus. „Hier ist eine gewisse Immunität gegeben, ebenso für die Generalinspektion der Polizei“ – wobei man allerdings nicht den aktuellen Direktor angehen will. „Doch das Gesetz soll ja länger gelten – und wer kommt danach?“ Lediglich im Polizeigesetz sei erwähnt, dass der Minister den Direktor bei erheblichen Verfehlungen entlassen kann.

„Bisher war es auch immer so, dass sobald ein Disziplinarverfahren eröffnet wurde, der Beamte auch versetzt wurde“, ein Vorgehen, das in Augen der Gewerkschaft illegal sei, wie Ricquier ausführte. So seien Beamte noch immer (straf-)versetzt, obwohl ihr Verfahren noch gar nicht eröffnet sei. Das solle nun „quasi legalisiert“ werden – und wird „mutation“ genannt. „Man soll auch nicht mehr auf seine vorherige Stelle zurückkommen können.“ Als Disziplinarstrafe sei bisher eine Versetzung vorgesehen, „aber als Strafe, nicht bereits vorab“ – dies mit Blick auf die Unschuldsvermutung.

Neutrale Bewertung derdisziplinarrechtlichen Vorgänge

„Es geht einfach darum, dass die Beamten bestraft werden – ohne Verfahren.“ Mit dieser jahrelangen Vorgehensweise könne die Gewerkschaft nun nicht mehr leben. Gebe es doch bereits viele Vorgänge, die diesbezüglich vor den Verwaltungsgerichten gelandet sind. „Über Hintertüren werden Prozeduren durchgeführt, die nicht gestattet sind“, ergänzte SNPGL-Generalsekretär Maurice Meysenburg, „hier ist immer noch das Häuptling-Indianer-Denken vorhanden. Es muss Klarheit geschaffen sein.“ Wobei man wieder bei dem Punkt „illegal“ war. Auch dann, wenn sich deutlich herausstellt, dass die Anschuldigungen falsch sind, „muss gegen die Ankläger disziplinarrechtlich vorgegangen werden können“, sagt die Gewerkschaft. Das aber sei so nicht im neuen Gesetz vorgesehen.

Minister nahm Gesetz von derTagesordnung des Regierungsrates

Die Zusammensetzung des Disziplinarrates muss nach Ansicht der Gewerkschaft an die Zusammensetzung des „Disziplinarrates der Staatsfunktionäre“ angepasst werden, damit auch hier eine neutrale Bewertung der Vorgänge gegeben sei – ohne mehrheitliche Beteiligung der Führungsebene. „Auch bei der Armee ist dies der problematische Fall. Wenn jemand eine Strafe verdient hat, soll er sie auch bekommen, aber von einer neutralen Instanz“, führte Ricquier aus.

Gestern Morgen wurde mit Minister Schneider, der in Frankfurt auf einen Anschlussflug wartete, gesprochen. „Er bestätigte mir, dass er über das Gespräch informiert sei – und dass das Gesetz von der Tagesordnung des Regierungsrates am Freitag runtergenommen wurde.“

Ob Nachbesserungsbedarf erkannt wurde? „Wir werden sehen“, sagt Ricquier. Bis nach Straßburg werde man notfalls gehen, um gegen dieses Gesetz vorzugehen.

Source Journal.lu

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