journal.lu – 11.12.2017
CGFP-Vorständekonferenz: Scharfe Kritik an politischen Parteien, die nicht nachbessern wollen
Mehr als 750 Staatsbedienstete hatten sich vor 14 Tagen schon in Dommeldingen eingefunden, als es unter dem Motto „Fir eng sécher Zukunft vun der Fonction publique“ hieß, ein Zeichen des Protestes zu setzen. Ein Protest der Staatsbeamtengewerkschaft CGFP gegen die Umsetzung der Reform des öffentlichen Dienstes, die vor zwei Jahren in Kraft trat. Sie weise in vielen Bereichen gravierende Mängel auf, die schleunigst behoben werden müssten, fordern die Beamten (s. Info-Kasten) und zwar noch vor den Landeswahlen im nächsten Jahr.
Nicht jede Partei legt sich fest
Nachdem sie bei der Regierung, die keinen Willen zu Änderungen zu erkennen gebe, auf Granit stoßen, erging vor zwei Wochen der Appell an alle politischen Parteien, Stellung zu ihren Forderungen zu beziehen und sofort Farbe zu bekennen. Gestern fand die jährliche CGFP-Vorständekonferenz statt und in diesem Rahmen wurden die Reaktionen der politischen Parteien bereits spitz kommentiert.
Vor allem Generalsekretär Steve Heiliger, der gestern seine erste Rede in dieser Funktion hielt, ging darauf ein, nachdem Claude Heiser, Erster Vizepräsident der CGFP, nochmals die 80/80/90-Regelung kräftig kritisierte und ihre Abschaffung forderte: „Wenn Erfahrungswerte zeigen, dass die ein oder andere Maßnahme nichts gebracht haben, soll man sie rückgängig machen, auch wenn man sie einmal unterschreiben hat.“
Von Seiten der Parteien, deren Meinungen die Kollegen vom „Wort“ eingeholt hatten, hieß es überwiegend, dass die Frist zu kurz gewesen sei, um sich eingehend zu äußern. Man sollte die Themen in aller Ruhe und sachlich angehen und auch erst einmal noch weitere Erfahrungswerte sammeln.
Am Bewertungssystem wollen die meisten nicht rütteln – außer „déi Lénk“, die alle Forderungen unterstützen und nur im Bezug auf die Öffnung des Staatsdienstes gegenüber Ausländern meinen, dass es auf die Kompetenz ankomme und nicht die Nationalität. Sie bekamen dann auch ausdrücklich Lob von Heiliger – nur an deren Haltung bei der Öffnung des Staatsdienstes für Ausländer müsste noch gearbeitet werden“. Für die CGFP sei klar, dass sich das Rekrutierungsproblem über eine Reform des Examens und des Praktikums lösen ließe. Unverständnis zeigte Heiliger gegenüber den anderen Parteien, die sich nicht deutlich äußerten, schließlich lägen die Fragen lange auf dem Tisch.
„Hätte die Regierung damals auf die CGFP gehört, gäbe es keine 80/80/90-Regelung und kein Bewertungssystem und es wäre uns viel Misere erspart geblieben“, sagte Heiliger, der auch einen Streik nicht grundsätzlich ausschloss. Präsident Romain Wolff nahm den Lobbyismus auf europäischer Ebene ins Visier und sprach im Bezug auf die Glyphosat-Verlängerung von einem „handfesten Skandal“. Europa müsse endlich sozialer werden.
In Bezug auf die Beamtenreform und das Gehälterabkommen sagte er: „Wir verlangen von der Politik, dass Schluss damit ist, den öffentlichen Dienst immer nur als Kostenfaktor anzusehen.“ Er forderte auch, damit aufzuhören, den öffentlichen Sektor gegen den privaten auszuspielen.
Die Hauptanliegen der CGFP: Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes bewahren
– Schluss mit der sinnlosen 80/80/90-Regelung: Sie müsse rückgängig gemacht werden, denn man habe den herabgesetzten Entschädigungen während des dreijährigen Praktikums lediglich zugestimmt, um andere von der vorigen Regierung in Erwägung gezogene Verschlechterungen erfolgreich abzuwenden. Die grundsätzliche Reform des „Stage“, die an die 80/80/90-Regelung geknüpft war, sei bislang ausgeblieben und die Referendare leisteten quasi einen Vollzeitjob.
– Schluss mit dem fragwürdigen Bewertungssystem: Die CGFP tue sich auch mit der abgeschwächten Fassung schwer. Solange auch nur ein minimales Risiko für Willkür bleibt, habe ein derartiger Mechanismus nichts im öffentlichen Dienst verloren.
– Schluss mit der ungerechten Neuordnung der Laufbahnen! In manchen Fällen sei das Anfangsgehalt beim Staat bis zu 100 Punkte niedriger als in anderen Bereichen. Und diejenigen, die jahrzehntelang gekämpft hätten, um endlich zu ihrem Recht zu gelangen, siehe die Sozialpädagogen, würden bei der jetzigen Neuordnung der Karrieren nahezu leer ausgehen. Härtefälle müssten schnellstens aus der Welt geschafft werden.
– Schluss mit der systematischen Überbelastung der Bediensteten!
– Schluss mit der Ausgrenzung der CGFP-Fachverbände: Der Versuch, die CGFP-Berufsverbände gegen ihren Dachverband aufzuwiegeln sei nicht hinnehmbar – man lasse sich nicht in die interne Organisation reinreden und vorschreiben, mit wem die Politik verhandeln will.
– Schluss mit einer zusätzlichen Öffnung des öffentlichen Dienstes für Nicht-Luxemburger: Bereits jetzt sei der Anteil der EU-Bürger im öffentlichen Dienst wesentlich höher als in den Nachbarländern – alle hoheitsrechtlichen Aufgaben müssten von Luxemburgern erfüllt werden.