Laurent Graaff
Die “Inspection générale de la police” (IGP) ist wegen der tödlichen Schüsse eines Luxemburger Polizisten nach einer Verkehrskontrolle von der Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen beauftragt worden. Das sei ein ganz normaler Vorgang und passiert dann, wenn ein Polizist einen Schuss auf ein Fahrzeug oder auf einen Menschen abgibt, erklärt die Polizei.
Die IGP, die so etwas ist wie die Polizei der Polizei, und an deren Spitze seit September 2015 mit der ehemaligen Untersuchungsrichterin Monique Stirn eine Magistratin steht, arbeitet unabhängig vom Polizeikorps. Neben strafrechtlichen Ermittlungen gegen Beamte und der Qualitätskontrolle ihrer Arbeit obliegt es der IGP, festzustellen, ob sich die Beamten an die bestehenden Gesetze und Vorschriften halten. Neben dem rein juristischen Aspekt muss die IGP klären, inwieweit der Schusswaffengebrauch am Mittwochnachmittag in Bonneweg gerechtfertigt war – oder nicht. Im Klartext geht es darum, ob der Polizist rechtens gehandelt hat.
Gewerkschaft geht von Notwehr aus
“In dem Zusammenhang wurde der Beamte, der die Schüsse am Mittwoch abgab, am Donnerstag gehört”, so Pascal Ricquier, der Präsident der Polizeigewerkschaft “Syndicat national de la Police grand-ducale” (SNPGL) gegenüber dem Tageblatt. “Es scheint ja so zu sein, dass der Fahrer in dem Mercedes auf den Beamten zuhielt und versuchte, ihn zu überfahren. In dem Fall bliebt dem Kollegen nichts anderes übrig, als die Waffe zu ziehen und zu schießen, um sein Leben zu verteidigen, was für uns eindeutig als Notwehr zu betrachten ist. Auch wenn wir die Ergebnisse der Untersuchung erst abwarten müssen, gehen wir davon aus, dass unser Arbeitskollege in Notwehr gehandelt hat.”
Ricquier hatte auch telefonischen Kontakt mit dem betroffenen Beamten. “Wenn ein Polizist Gebrauch von seiner Waffe macht und dabei eine Person ums Lebens kommt, ist das immer eine ganz schwierige Situation. Es gilt damit klarzukommen. Wir Polizisten sind auch nur Menschen”, so Ricquier weiter.
Für ihn ist es auch wichtig, dass die Polizeibeamten in solchen Situationen – also dann, wenn versucht wurde, Gewalt gegenüber ihnen auszuüben und es zu Ermittlungen kommt, – stets einen Rechtsbeistand vom Staat zur Seite gestellt bekommen. Dabei geht es um Artikel 32 des Staatsbeamtengesetzes.
“Gewalt gegenüber Polizei nimmt zu”
“Fakt ist nämlich, dass die Gewalt gegenüber uns Polizeibeamten in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Die Hemmschwelle sinkt stetig. Wir sind oft gefährlichen Situationen ausgesetzt, in denen wir uns und Drittpersonen schützen müssen”, so Ricquier weiter.
Presseinformationen, laut denen der betroffene Beamte schon einmal mit einer solchen Situation konfrontiert war, dementierte Ricquier allerdings. “Das kann ich nicht bestätigen. Der Beamte ist noch jung und noch nicht lange im Polizeidienst. Er ist erst seit sechs Monaten dabei.”
Die Luxemburger Staatsanwaltschaft erklärte, dass der Leichnam des Fahrers am vergangenen Freitag obduziert wurde. “Die Ergebnisse kommen nächste Woche. Wann genau, können wir zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht sagen”, so Diane Klein, Sprecherin der Justiz.
Weiterer Augenzeuge meldet sich
Am Freitag meldete sich noch ein weiterer Augenzeuge beim Tageblatt. Er ist ein Anwohner in der rue Sigismond und saß offenbar gerade auf seinem Balkon, als ein Polizeiwagen mit hoher Geschwindigkeit die Straße hinauffuhr und die Kreuzung an der rue des Ardennes blockierte. “Daraufhin nahte auch schon der schwarze Mercedes. Der Beamte versuchte, den Wagen mit Haltezeichen zu stoppen. Die beiden Autos standen zu dem Zeitpunkt nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt. Der Fahrer im Mercedes setzte mehrfach zurück und versuchte, die Blockade zu durchbrechen. In dem Moment klingelte mein Telefon. Ich ging in die Wohnung und hörte drei Schüsse.” Daraufhin begab er sich auf die Straße, wo er feststellte, dass Autoteile herumlagen. Zuvor war ihm der schwarze Mercedes bereits mehrfach aufgefallen, da er unnatürlich viel Lärm machte: “Es war, als fuhr er auf der Felge.” Kurze Zeit später war der Tatort abgeriegelt. All das gab der Mann der IGP bereits zu Protokoll.