
Seit Samstag sitzt der Fahrer, der sich in Weiswampach einer Polizeikontrolle entzogen hat, woraufhin es zu einem tödlichen Unfall kam, in Untersuchungshaft. Wir unterhielten uns mit seinem Rechtsanwalt Me Daniel Baulisch.
Tageblatt: Wie genau hat sich Ihr Mandant in der besagten Nacht verhalten?
Daniel Baulisch: Es gab eine groß angelegte Alkohol- oder Drogenkontrolle. Mein Mandant, der mit seinem Wagen auf der N7 unterwegs ist, sieht dies von Weitem, beschließt kehrtzumachen, um der Kontrolle zu entgehen. Weil er an dem Abend Alkohol getrunken hatte. Er beschließt, auf einen Parkplatz zu fahren, und sieht, wie der erste Polizeiwagen vorbeifährt. Und irgendwann ist die Luft für ihn rein, um es mal so zu formulieren, und er beschließt, nach Hause zu fahren.
Bekam er etwas von dem Unfall mit?
Nein, gar nichts. Die Rettungswagen, die herbeieilen, kommen höchstwahrscheinlich aus der entgegengesetzten Richtung. Er fährt nach Hause und denkt sich dabei, dass er nicht erwischt wurde. Er konnte sich nicht ausmalen, dass es in der Zwischenzeit zu diesem tragischen Unfall kam.
Wie bewerten Sie in dem Zusammenhang die Aussagen des beigeordneten Staatsanwaltes aus Diekirch auf RTL?
So vereinfacht, wie er es ausdrückt, kann man es nicht darstellen. Das ist simplistisch und juristisch falsch. Man kann es nicht so darstellen, dass es zu dieser Verfolgungsjagd kam und dem anschließenden tödlichen Unfall, weil mein Mandant sich der Kontrolle entzogen hat. Fahrlässige Tötung liegt nur dann vor, wenn es im normalen Verlauf der Geschehnisse voraussehbar ist, dass dies passiert. Man sollte vielleicht die Anzahl der Fahrer nehmen, die sich jedes Jahr einer Kontrolle entziehen. Da ist ja auch keiner dabei, der davon ausgeht, dass ein anderer anschließend ums Leben kommt. Es gibt also keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass sich mein Mandant der Kontrolle entzogen hat, und dem tödlichen Unfall. Es gibt eine andere Ursache, warum der Unfall passiert ist. Aber davon redet bis jetzt keiner.
Was ist diese Ursache?
Das Herannahen des zweiten Polizeiwagens, der höchstwahrscheinlich sehr schnell unterwegs war. Und überhaupt, sind es die beiden Polizeiwagen, die sich wahrscheinlich nicht an die elementaren Sicherheitsmaßnahmen halten, die bei einer solchen Verfolgungsjagd eigentlich auch zu beachten sind. Und genau das wird einfach ignoriert. Und das wird bis jetzt gar nicht infrage gestellt. Ich spreche von einem technischen Gutachten zum Hergang des tödlichen Unfalls. Ich denke, dass wenn die Staatsanwaltschaft diese Arbeit nicht macht, dann kommt sie auf mich zu. Normalerweise ist dies nicht meine Arbeit. Aber ich will das klären. Mein Mandant macht sich viele Vorwürfe. Alle Betroffenen haben das Recht, zu wissen, wie es genau zu dem tödlichen Unfall kam. Mein Mandant fühlt sich schuldig. Allerdings muss man zwischen moralischer und rechtlicher Schuld unterscheiden.
Ihr Mandant befindet sich gegenwärtig noch in Schrassig in Untersuchungshaft, oder?
Ja. Ich werde versuchen, dass er nächste Woche auf freien Fuß kommt, wenn die Untersuchungsrichterin nicht die nötigen Maßnahmen ergreift. Er wird gegenwärtig medizinisch versorgt und betreut. Ich bin der Ansicht, dass es gut ist, dass jetzt Ruhe einkehrt. Wenn ich aber merken sollte, dass die Ermittlungen einseitig verlaufen, ich spreche da in erster Linie von dem zweiten Polizeiauto, muss ich aktiv werden. Es ist ja auch so, dass die Verfolgungsjagd ja abgebrochen gewesen sein muss. Ich verstehe nicht, warum der andere Wagen sich dann noch dorthin begibt. Schließlich ist der flüchtige Fahrer nicht in Richtung Heinerscheid unterwegs. Warum wird diese ganze Aktion nicht komplett abgebrochen? Auch wenn der Polizist im Polizeitransporter im Eildienst unterwegs ist, darf er keine anderen Menschen in Gefahr bringen, und somit auch nicht sich selbst und andere Insassen. Aber auch das scheint für den beigeordneten Staatsanwalt kein Thema zu sein. Und wenn dies so ist, muss ich es zum Thema machen.
Wie es nun weitergeht
In einer ersten Phase hat die Staatsanwaltschaft nun ein Ermittlungsverfahren gegen den Fahrer eröffnet. „Nun muss überprüft werden, welche Elemente die Staatsantwaltschaft zurückbehalten wird, bevor die Akte an die Ratskammer weitergereicht wird“, heißt es von Justizpressesprecher Henri Eippers.
Fakt ist aber, dass der Mann sich nun wegen fahrlässiger Tötung in Untersuchungshaft befindet. Ob er eindeutig mit dem tödlichen Unfall in Verbindung gebracht werden kann, wird allerdings erst ermittelt werden. Hier müssen mehrere Kriterien berücksichtigt werden.
Wird die Akte dann an die Ratskammer weitergereicht, entscheidet diese, wie es schließlich weitergeht und ob es letztlich zu einem Prozess kommen wird. Auch die eindeutigen Vorwürfe werden erst von der Ratskammer festgelegt. Darüber hinaus ist die „Inspection générale de la police“ (IGP) mit den Ermittlungen befasst. Denn es muss nun überprüft werden, ob die beiden Einsatzwagen, die in den Unfall verwickelt waren, über Funk oder andere Wege in Kontakt waren und wie es genau zu dem Unfall kommen konnte.
Laut dem Schreiben der Staatsanwaltschaft vom vergangenen Sonntag droht im Falle von Trunkenheit am Steuer im Zusammenspiel mit erhöhter Geschwindigkeit eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren und ein Fahrverbot von bis zu 15 Jahren. Verursacht der Fahrer unter diesen Umständen noch einen Unfall mit einem Todesfall, droht eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.
pha
Was geschah
- Ein Polizeikombi und ein Polizeitransporter nehmen am frühen Samstagmorgen die Verfolgung eines flüchtigen Fahrers auf, der sich in Weiswampach einer Verkehrskontrolle entzogen und sich versteckt hat.
- In der Ausfahrt Lausdorn auf der N7 wendet der Polizeikombi, nachdem ein weiterer Verkehrsteilnehmer bestätigt hat, dass er nicht vom Fluchtfahrer überholt wurde.
- Der Polizeikombi will wieder in Richtung Weiswampach fahren.
- Der im Eiltempo herannahende Polizeitransporter mit drei Insassen prallt mit voller Wucht gegen den Kombi.
- Der Fahrer des Kombis stirbt an Ort und Stelle. Seine Beifahrerin wird lebensgefährlich verletzt.
- Am Samstag wird zunächst eine falsche Person verhaftet und verhört.
- Am gleichen Tag wird der geflüchtete Fahrer ermittelt und festgenommen.