PRESSE Wort.lu Der Faktor Mensch

Leitartikel 20.04.2018

Laurent SCHÜSSLER

Die vergangenen Tage werden wegen der Dramen in Bonneweg und auf Lausdorn so schnell nicht in Vergessenheit geraten.

Zwei Menschen kamen ums Leben, andere wurden teils schwer verletzt. Es gab viele körperliche Blessuren, aber auch weniger sichtbare, psychische. Beide Zwischenfälle lösten in der Öffentlichkeit starke Emotionen aus. Das ist verständlich und nachvollziehbar. Jeder Mensch, der stirbt, hinterlässt Familie, Freunde und Bekannte, die um ihn trauern. Andere versuchen sich in die gleiche Situation zu versetzen, wollen wissen, wie ihre Reaktion ausgefallen wäre. Fast jeder bewertet dabei den einen oder anderen Aspekt, der zu diesen traurigen Ereignissen geführt hat, anders.

Aber das ist nur von untergeordneter Bedeutung. Die Geschehnisse – und teilweise auch, wie es dazu kam – sind bekannt. Dennoch bleiben es zwei komplexe Angelegenheiten. Im Raum steht die Frage nach dem „Warum“. Es führt kein Weg daran vorbei, die Hintergründe detailliert und transparent aufzuarbeiten. Selbst wenn dies mit Schmerzen verbunden ist. Aber nur so können ähnliche Risiken in Zukunft minimalisiert werden. Denn trotz aller Trauer und Betroffenheit geht das Leben weiter. Dabei darf die Ungeduld nach einer schnellen Aufklärung nicht die Oberhand gewinnen. Schnellschüsse sind gefährlich, weil wenig objektiv.

Für eine tiefgründige Analyse bedarf es des nötigen Abstands. Das ist – nicht nur in den erwähnten Fällen – extrem schwierig. Denn beide Ereignisse lassen niemanden kalt. Und doch wird von den Prüfern verlangt, ja, ist zwingend vorgegeben, emotionslos an die Sache heranzugehen. Eine extrem schwierige Vorgabe. Denn der Homo Sapiens lässt sich primär nun einmal nicht von kühler Logik, sondern von Gefühlen leiten. Und doch wird aktuell gerade das Gegenteil von ihm verlangt.

Unglücksfälle wie in den vergangenen Tagen sind nie zu 100 Prozent auszuschließen.

Aber es ist wichtig, aus den rezenten Vorfällen die richtigen Lehren zu ziehen. Jeder ist sich bewusst, dass solche Situationen in Zukunft – wenn nur irgendwie möglich – verhindert werden müssen. Eine hundertprozentige Garantie wird es nicht geben, denn eine Verkettung unglückseliger Umstände kann nie ausgeschlossen werden.

Doch existiert überhaupt noch Verbesserungspotenzial? In Sachen Ausrüstung und Ausbildung bleibt immer Luft nach oben. Aber an entscheidender Stelle muss abgewägt werden, ob zusätzliche Anstrengungen, welcher Natur sie auch sind, in einem vertretbaren Verhältnis zum möglichen Nutzen stehen.

Die fehlende Achtung gegenüber den Anweisungen der Ordnungskräfte ist kein Phänomen der heutigen Zeit, sondern existiert seit längerem. Allerdings explodierte es zuletzt förmlich. Polizei und andere Hilfskräfte können ein Lied davon singen. Die zunehmende Respektlosigkeit ist ein Problem unserer Gesellschaft, die es nicht schafft, entsprechende Werte zu vermitteln. Härtere Strafen werden kaum helfen. Der Ansatz muss ein anderer sein, geht aber weit über die alleinige Polizeiarbeit hinaus.

Bleibt der Faktor Mensch. Sein Handeln kann zu Teilen beeinflusst werden, aber eben nicht ganz. In extremen Stresssituationen werden auch weiterhin Reaktionen außerhalb der Norm beobachtet werden. Der Mensch ist nicht planbar. Ein weiterer Grund warum Unglücksfälle wie in den vergangenen Tagen niemals ganz ausgeschlossen werden können. Trotz aller Bemühungen. Das ist zwar tragisch, aber leider Realität.

 

Source Wort.lu

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