Politik 02.01.2019 Patrick BESCH
Foto: Chris Karaba Tram, Bus, Bahn, Auto, Fahrrad: Alles Bausteine im Kampf gegen den Verkehrskollaps.
Auch in seiner zweiten Mandatsperiode wird sich François Bausch mit dem Verkehrsproblem auseinandersetzen müssen. Daneben wird er als Minister die Armee und die Polizei leiten.
Zwei neue Büros für François Bausch: Neben dem Ministerium für Mobilität und Infrastrukturen, das er schon in den vergangenen fünf Jahren geleitet hat, ist er jetzt für die Sicherheitsfragen des Landes verantwortlich. Während sich die Aufgaben als Minister für Innere Sicherheit sowie als Verteidigungsminister ähneln, wartet auf den Grünenpolitiker im Mobilitätsministerium eine schwere Aufgabe. Bausch wird sich daran messen lassen müssen, ob er das akute Verkehrsproblem des Landes lösen kann.
Mobilität und Infrastrukturen: Damit es besser rollt
Luxemburg erstickt im Stau. Diese Feststellung ist nicht neu, aber
sie erhitzt die Gemüter wie kaum ein anderes Thema. In den vergangenen
fünf Jahren war François Bausch mit dem Kampf gegen den Stau beauftragt.
Der Grünenpolitiker darf sein Können als Mobilitäts- und Infrastrukturminister weitere fünf Jahre unter Beweis stellen. Es bleibt weiterhin viel zu tun.
Schneller und besser
Damit es zukünftig wieder schneller auf Luxemburgs Straßen
weitergehen soll, will die Regierung die Umsetzungszeit von Prozeduren
bei Infrastrukturprojekten wesentlich verkürzen. Dazu soll die
Organisation innerhalb der betreffenden Ministerien besser koordiniert
werden. Wichtige Projekte, wie etwa eine Reihe von Umgehungsstraßen, sollen schnellstmöglich umgesetzt werden.
Sowohl die Nordstad als auch der Ausbau des nationalen Flughafens sind
prioritäre Anliegen der Regierung Bettel-Schneider-Braz. Im Anhang des
Regierungsabkommens sind außerdem eine ganze Reihe von
Infrastrukturprojekten von höherer Priorität definiert.
Immobilität statt Mobilität: Das Verkehrsproblem in Luxemburg wird immer akuter. François Bausch wird daran gemessen werden, wie schnell er eine Lösung finden kann. Foto: Guy Jallay
In der Vergangenheit ist die Umsetzung von Großbauprojekten in
Luxemburg öfters durch Privatpersonen in Verzug geraten, die nicht auf
ihre Privatgrundstücke verzichten wollten. Dies soll sich ändern. Damit
der Staat zukünftig schneller an die nötigen Grundstücke gelangen kann,
sollen alle Projekte als nützlich für die Allgemeinheit eingestuft
werden. Dadurch können auch die Prozeduren im Falle einer Enteignung wesentlich verkürzt werden.
Langfristiges Denken
Das Regierungsprogramm verspricht auch eine substanzielle Erhöhung der Investitionen im Bereich der Infrastrukturen. Die Mobilitätsinfrastrukturen in Luxemburg sollen zudem intelligenter werden. Mittel zum Erfolg ist auch hier die Digitalisierung. Intelligente Systeme zur Verkehrssteuerung oder dem Verkehrsaufkommen angepasste Fahrspurenverteilung sind einige der Beispiele, die im Regierungsabkommen zu diesem Thema genannt werden und die zum besseren Verkehrsfluss beitragen sollen.
Ganz im Zeichen der Kontinuität wird die Regierung auch die
Investitionen in den Ausbau der Infrastrukturen der sanften Mobilität
hoch halten. So plant sie etwa einen groß angelegten Ausbau des
nationalen Radwegnetzes. Außerdem wird weiterhin konsequent in den
Ausbau des Eisenbahn-, Tram- und Busnetzes investiert. Wichtigste
Projekte in diesem Zusammenhang sind der Ausbau des hauptstädtischen
Bahnhofs, die Modernisierung der Bahnhöfe von Ettelbrück und Bettemburg
sowie die Erweiterung des Tramnetzwerkes.
Im Zeichen der Kontinuität
Das Verkehrskonzept Modu 2.0 soll einen Nachfolger erhalten, der eine Mobilitätsstrategie für Luxemburg bis 2035 definiert. Alle
aktuellen Projekte sollen an diesen neuen Plan angepasst werden. Ein
neu gegründetes Mobilitätsobservatorium wird alle die Mobilität
betreffenden Daten sammeln. Die Auswertung dieser Daten soll zur
Optimierung der Mobilität in Luxemburg beitragen. Auch die Gemeinden und
privaten Arbeitgeber sollen stärker in die Planung und Ausarbeitung der
Mobilitätsstrategie eingebunden werden.
Der Bahnhof in Luxemburg ist zu Spitzenstunden hoffnungslos überfüllt: Sein Ausbau gehört zu einigen der priorisierten Infrastrukturprojekte der Regierung. Foto: Lex Kleren
Viele kleine Baustellen
Eine nationale Park&Ride-Strategie soll zur weiteren Entspannung
auf den Straßen beitragen. Eine Verdopplung der Parkplätze und
P&R-Plätze wird angestrebt. Auch die sanfte Mobilität wird weiterhin
ein wichtiger Baustein bei der Lösung des nationalen Verkehrsproblems
sein. Ob zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs: Gute, schnelle und sichere
Infrastrukturen sollen die Menschen zur sanften Mobilität animieren. Die
Regierung will zudem die nötigen finanziellen Mittel mobilisieren, um
umweltfreundliche und nachhaltige Mobilität stärker zu bewerben.
Ein weiteres Schlagwort der vergangenen Jahre war die Multimodalität.
Auch in Zukunft setzt die Regierung bei Straßenprojekten auf dieses
Konzept: Die Kombination zwischen Individual- und Massentransport soll die Menschen schneller an ihr Ziel bringen.
Bis 2030 soll der öffentliche Transport emissionsfrei sein. Dazu soll, genauso wie im persönlichen Nahverkehr, vermehrt auf die Elektromobilität gebaut werden.
Sozialer Landwirtschaftsminister
Die Regierung verspricht sich durch eine engere Zusammenarbeit mit
der Grenzregion bei Mobilitätsfragen eine Verbesserung der
Verkehrssituation. An den Landesgrenzen, etwa in Belval, Rodange oder
entlang der großen Autobahnachsen, sollen „Coworking spaces (espaces de
co-travail)“ entstehen, in denen Grenzgänger arbeiten können, ohne
sich unbedingt zu ihrem Büro begeben zu müssen. Hiervon verspricht sich
die Dreierkoalition weitere Entspannungen auf den Straßen. Schon Ende
2019 soll in Belval der erste Spatenstich für ein solches Bürogebäude
erfolgen.
Kostenloser öffentlicher Transport
Für viel Schlagzeilen hat das Vorhaben der Regierung, den
öffentlichen Transport gratis zu machen, gesorgt: Luxemburg wird das
erste Land weltweit sein, dass dieses ehrgeizige Vorhaben umsetzen wird.
Vom ersten Trimester 2020 an kann jeder in Luxemburg ohne Fahrkarte mit
Bus, Bahn und Tram fahren, lautet der Plan. Hiervon verspricht sich die
Regierung einen erhöhten Benutzungsgrad. Gleichzeitig verspricht sie den konsequenten Ausbau der Qualität des öffentlichen Transportes.
Die Verkehrssicherheit bleibt weiterhin eine Baustelle. Weitere
Radargeräte entlang den Straßen, bessere Sicherheitsinfrastrukturen und
eine gezieltere Präventionspolitik sollen die Anzahl der Verkehrstoten in Luxemburg Richtung null drücken.
Im Bereich der öffentlichen Arbeiten stehen die Zeichen auf Kreislaufwirtschaft. Um dieses Ziel zu erreichen, will die Regierung eine eigenständige Zelle für die Kreislaufwirtschaft im Ministerium für öffentliche Arbeiten und Infrastrukturen ansiedeln.
Genau wie bei der Polizei herrscht auch bei der Armee Mangel an Personal. Mit neuen Strategien will die Regierung wieder mehr Menschen zum Dienst in den beiden Bereichen animieren. Foto: Chris Karaba
Personalmangel bekämpfen
Die Grünen gingen als große Gewinner der Wahlen vom 14. Oktober
hervor. Als logische Konsequenz ist ihr Einfluss in der Neuauflage von
Blau-Rot-Grün gestiegen. Für den bisherigen Mobilitäts- und
Infrastrukturminister François Bausch (Déi Gréng) bedeutet dies, neben
dem Erhalt seiner bisherigen Aufgaben als Mobilitäts- und
Infrastrukturminister, auch die Verantwortung über zwei neue
Ministerien: Die kommenden fünf Jahre wird er die Geschicke im
Ministerium für die Innere Sicherheit und im Ministerium der
Verteidigung leiten. Eine Übersicht darüber, welche Aufgaben in den beiden Ressorts anstehen.
Innere Sicherheit
Die Umsetzung der in der vergangenen Legislaturperiode
verabschiedeten Polizeireform muss François Bausch weiter vorantreiben,
sowohl auf territorialer wie auf organisatorischer Ebene.
Chefredakter fir een Dag: François Bausch
Den Personalsorgen der Polizei hat die Regierung den Kampf angesagt: Durch
ein verbessertes Aus- und Fortbildungssystem, eine Reduzierung der
administrativen Arbeit sowie eine Aufwertung der Karrieremöglichkeiten
will Blau-Rot-Grün den Beruf des Polizisten wieder attraktiver machen
und somit wieder mehr Menschen für eine Laufbahn bei der Polizei
begeistern.
Die Modernisierung der Polizei soll mithilfe der Digitalisierung
gelingen. Sowohl die Ausrüstung der Polizisten als auch die Organisation
der ganzen Streitkraft, sollen den Schritt in das digitale Zeitalter
schaffen. Als Beispiel wird im Regierungsabkommen eine digitale Schaltzentrale genannt, von der aus die gesamte Arbeit der Polizei koordiniert und gelenkt werden kann.
Die Hausaufgaben von Felix Braz
Einer der Kritikpunkte der Vergangenheit war die Distanz zwischen
Bürger und Polizei, die sich durch das Schließen einiger
Polizeikommissariate für viele Bürger vergrößert hatte. Deshalb soll die
Polizei wieder näher an die Bürger rücken. Mithilfe neuer regionaler
Polizeikommissariate sowie dem Ausbau der digitalen „E-Kommissariate“
wird die Distanz zwischen Bürger und Polizei wieder geringer.
Die Regierung setzt zudem auf moderne Technologien, um das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung zu verbessern.
Zukünftig sollen Polizisten, sowie deren Fahrzeuge, mit sogenannten
„Bodycams“ ausgestattet werden und ausgewählte, vor allem stark besuchte
Orte durch Videoüberwachungssysteme sicherer gemacht werden.
Mit dem Polizeikommissariat Syrdall in Niederanven, dem Umzug der
Gerichtspolizei und dem Bau eines regionalen Süd-West-Polizeizentrum in
Esch/Alzette nennt das Regierungsprogramm auch einige konkrete Ziele.
Armee
Luxemburg wird weiterhin seine internationalen militärischen Verpflichtungen ehren,
sowohl auf europäischer (Permanent Structured Cooperation, Pesco) wie
auf internationaler (NATO) Ebene. Dazu gehört auch ein konstantes
Militärbudget.
Die Armee soll wieder ein fester Bestandteil der Gesellschaft werden. So steht es zumindest im Regierungsabkommen formuliert. Foto: Laurent Blum
Die Regierung wird auch die technologische und informatische Modernisierung der Armee weiter vorantreiben. Auch bei der Armee herrscht akuter Personalmangel.
Um dieses Problem zu bekämpfen, wird der Staat, genau wie die Karriere
des Polizisten, den Beruf des Soldaten weiter aufwerten. Neue Berufe
innerhalb der Streitkraft, zum Beispiel im medizinischen oder
informatischen Bereich, sollen dafür sorgen, dass die Armee wieder ein
attraktiver Arbeitgeber wird. Außerdem sollen die Zutrittskriterien zur
Laufbahn des einfachen Soldaten neu evaluiert und den aktuellen
Gegebenheiten angepasst werden.
Im Rahmen des nationalen Aktionsplans „femmes et paix et sécurité 2018 – 2023“, der gemäß der Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates aus dem Jahr 2000 ins Leben gerufen wurde, wird sich die Regierung weiterhin dafür bemühen, die Anzahl weiblicher Soldaten in der Armee zu steigern. Gleichzeitig wird die Sportsektion der Armee neu evaluiert.