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Leitartikel LOKALES 11.04.2019 Gilles SIEBENALER
Die Anforderungen an die Polizei steigen, ihre Personaldecke aber nicht. Kandidaten sind Mangelware, auch weil die Staatsangehörigkeit weiterhin ein Ausschlusskriterium ist.
Einsätze mit Toten, Ermittlungen gegen Beamte, Streit um Arbeitszeiten, anhaltende Kritik an der Reform, Unzufriedenheit in den eigenen Reihen: Die Luxemburger Polizei kannte schon ruhigere Zeiten. Keine guten Aussichten, um neues Personal zu rekrutieren. Dabei wird gerade das dringend benötigt.
Schüsse in Bonneweg: Präzedenzfall in Sandweiler
Am 11. April 2018, also vor genau einem Jahr, wurde bei einem Einsatz in Bonneweg ein Autofahrer von einem Beamten erschossen. Die Ermittlungen laufen noch, doch ist bereits jetzt gewusst, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Polizisten erhebt.
Selbiges gilt für den Beamten, der am Steuer eines der beiden Einsatzfahrzeuge saß, die am 14. April 2018 nahe Lausdorn kollidierten. Dies auf der Suche nach einem Auto, das vor einer Kontrolle gewendet hatte. Ein Polizist kam bei dem Zusammenstoß ums Leben, eine Beamtin befindet sich noch immer in einem kritischen Zustand. Auch gegen den flüchtenden Fahrer wurde Anklage erhoben.
Lausdorn: Polizist und Fluchtfahrer unter Anklage
Überstunden sind die Regel
Die beiden tragischen Vorfälle zeigen, wie gefährlich Polizeiarbeit nach wie vor ist und welche weitreichenden Folgen das Handeln jedes einzelnen Beamten haben kann. Für andere, aber auch für sie selbst. Die Herausforderungen an das Korps werden denn auch nicht kleiner.
Tödliche Schüsse in Bonneweg: Polizist unter Anklage
Die Polizeireform brachte Umstrukturierungen und damit neue Aufgaben, ohne dass aber die Personaldecke ausreichend angehoben werden konnte. Mit der Konsequenz, dass die aktuellen Truppen einem immensen Arbeitsaufwand ausgesetzt sind, Überstunden eher die Regel als die Ausnahme sind.
Miteinander reden statt übereinander
So schlug denn auch kürzlich nochmals die Polizeigewerkschaft SNPGL Alarm. Ihr Präsident Pascal Ricquier ging hart mit Polizeigeneraldirektion, Cadres supérieurs, Ressortminister François Bausch sowie dessen Vorgänger, Etienne Schneider, ins Gericht. Reaktionen blieben nicht aus, doch wurden die Vorwürfe des SNPGL nicht wirklich entkräftet.
SNPGL: „Die Polizeireform ist eine Blamage“
Überhaupt wurde sich nur bedingt mit der Kritik an sich auseinandergesetzt. Vielmehr war der Ton Ricquiers ein Thema. Vergangene Woche fand man sich dann aber zu einer Unterredung über die Arbeitszeiten zusammen. Man befasste sich also mit dem Inhalt und weniger mit der Form, redete miteinander statt übereinander.
Und gerade das ist dringend erforderlich. Die Polizei sieht sich bei wachsenden Aufgaben mit einem akuten Personal- und Fachkräftemangel konfrontiert. Damit steht sie nicht allein da, anderen staatlichen Verwaltungen geht es ähnlich. Es gestaltet sich immer schwieriger, ausreichend Personal zu rekrutieren.
Wenig Fische im Teich
Denn nicht nur fischt die Polizei bei der Suche nach Neuzugängen im selben Teich wie etwa Armee, Rettungsdienste, Zoll, Gefängnisverwaltung – und künftig wohl auch eine Bus- und Bahnpolizei. Hinzu kommt, dass der Kreis potenzieller Kandidaten dadurch begrenzt ist, dass nur Luxemburger infrage kommen.
Bausch: „Ricquier überspannt den Bogen“
Mit der demografischen Entwicklung im Land aber wird der Anteil potenzieller Polizeianwärter weiter sinken, während die Anforderungen stetig steigen. Die Armee hat ihren Dienst bereits für Nicht-Luxemburger geöffnet, bei der Polizei wird man nicht daran vorbeikommen, auch diese Möglichkeit ins Auge zu fassen. Die Zeit drängt.