Der Fichier central der Polizei hat viele Fragen aufgeworfen. Die Minister erklären nun, dass er eine legale Basis hat. Dennoch sollen Datenschutzkommission und Polizeiinspektion dies noch einmal überprüfen.
(SH) – Seitdem ein junger Mann, der sich um eine Stelle bei der Staatsanwaltschaft beworben hatte, beim Vorstellungsgespräch mit Einträgen aus einem Polizeiregister konfrontiert wurde, schlägt die Datenbank hohe Wellen und wirft Fragen auf (das LW berichtete).
In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Frage der CSV-Abgeordneten Laurent Mosar und Gilles Roth nehmen François Bausch (Déi Gréng), Minister für Innere Sicherheit, und Félix Braz (Déi Gréng), Justizminister, nun Stellung zum sogenannten Fichier central der Polizei, in dem alle Berichte, die von Beamten der Kriminalpolizei im Rahmen ihrer Missionen verfasst wurden, gesammelt werden.
Eine Datenbank wirft Fragen auf
Den Ministern zufolge hat die Datenbank sehr wohl eine legale Basis, dies durch das Inkrafttreten des Gesetzes vom 1. August 2018 zum Schutz der Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in Strafsachen und in Fragen der nationalen Sicherheit. Dieses Gesetz legt nämlich fest, unter welchen Bedingungen diverse Behörden, darunter die Polizei, persönliche Daten verarbeiten dürfen, um unter anderem Straftaten zu verhindern oder aufzudecken, bei Ermittlungen oder im Rahmen der Strafverfolgung. So ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie notwendig ist, um die Missionen der Behörde zu erfüllen, insofern diese gemäß den gesetzlichen Bestimmungen – hier dem Strafgesetzbuch und dem Polizeigesetz von 2018 – erfolgen.
Dennoch hat Bausch aufgrund der aktuellen Diskussionen Datenschutzkommission und Polizeiinspektion damit beauftragt, zu überprüfen, ob die Nutzung des Fichier central seitens der Polizei konform zum Gesetz vom 1. August 2018 ist. Abhängig von den Antworten, lässt sich der Minister für Innere Sicherheit die Möglichkeit offen, zusätzliche Maßnahmen in die Wege zu leiten.
Gesetze und Reglemente
Die Minister geben in ihrer Antwort allerdings auch zu, dass es vor dem Inkrafttreten des Gesetzes aus dem vergangenen Jahr Unklarheiten gab, welcher legalen Basis die Datenbank unterlag.
So schrieb wohl ein Gesetz von 1979 zur Verarbeitung von persönlichen Daten, das 1992 überarbeitet
wurde, vor, dass ein großherzogliches Reglement es der Polizei erlauben
sollte, eine Datenbank zu erstellen. Dies beschränkte sich jedoch auf
ein informatisiertes Register und hatte nicht zum Ziel, den Fichier central, bei dem es sich bis 2005 um eine manuell geführte Datenbank handelte,
zu regulieren. Vielmehr war 1992 angedacht, die sogenannte
„Ingepol“-Datenbank aufzustellen, die der Kriminalpolizei als
Dokumentations- und Recherchebasis dienen sollte. Dieses Register konnte
jedoch nie komplett umgesetzt werden.
Polizeidatenbank: Spätes Vergessen
2002 trat dann ein Datenschutzgesetz in Kraft, das sowohl informatisierte, wie auch manuell gehaltene Register
betraf. In der Folge sei jedoch nicht klar gewesen, ob das
großherzogliche Reglement von 1992 auch den Fichier central regulieren
konnte, der an sich ein anderes Ziel verfolgte als die angedachte
„Ingepol“-Datenbank. Ein weiteres großherzogliches Reglement, um eben den Fichier central zu regulieren, wurde unterdessen nie angenommen.
Die Polizei beschränkte den Zugriff auf die Daten allerdings auf zehn
Jahre mit der Möglichkeit, dass der Generalstaatsanwalt diese Frist
verlängern konnte.
Eingeschränkter Zugang
Der Zugang zum Fichier central ist, so die Minister, streng geregelt. So muss ein Beamter nicht nur ein Motiv angeben, um an eine Information zu kommen, sondern es wird auch festgehalten, wer zu welchem Zeitpunkt an welche Information gekommen ist.
Die Justizbehörden hätten unterdessen keinen direkten Zugriff auf die Polizeidatenbank, auch dann nicht, wenn diese Berichte enthält, die an die Justizbehörden gerichtet sind. Auch keine weitere staatliche Behörde habe Zugriff auf das Register, mit Ausnahme des Geheimdienstes, der allerdings nur Zugang zu Daten hat, die Personen betreffen, die zur Fahndung ausgeschrieben sind. Ein Gesetz zum Informationsaustausch in Polizeisachen ermöglicht es staatlichen Diensten zudem, Informationen aus der Datenbank zu beantragen.
Auch Betroffene können unter bestimmten Bedingungen Einsicht in ihre Daten bekommen. Sollte dies allerdings Ermittlungen beeinflussen oder die nationale Sicherheit gefährden, wird dies verwehrt. Das Gesetz sieht zudem vor, dass Einträge verbessert oder gelöscht werden können. Hierfür kann sich der Betroffene an den Datenschutzbeauftragten der Polizei wenden, den es seit einem Jahr gibt.
Nach zehn Jahren werden die einzelnen Berichte ins Archiv übertragen. Polizei und Staatsanwaltschaft arbeiten zudem an einem System, das es ermöglicht, dass Einträge automatisch dorthin übertragen werden, sobald eine Person rechtskräftig freigesprochen wurde oder ein Eintrag aus dem Strafregister entfernt wurde.
Daten aus dem Archiv sind nur mit schriftlicher Erlaubnis des Generalstaatsanwalts oder einer seiner Stellvertreter einsehbar. Der Antrag muss zudem durch aktuelle Ermittlungen begründet sein.