PRESSE Wort.lu Ein Korps vor dem Kollaps

Foto: Guy Wolff Gilles SIEBENALER

Der Polizei fehlt es an Polizisten. Die Politik trägt eine Mitschuld daran. Dies, weil sie es jahrelang versäumt hat, frühzeitig neue und auch nachhaltige Rekrutierungswege zu suchen.

Wer hat als kleiner Junge nicht bisweilen davon geträumt, Polizist zu werden? Schicke Uniformen tragen, schnelle Einsatzwagen fahren und Verbrecher jagen – so wie man es aus dem Fernsehen kannte. Die Wirklichkeit aber sieht anders aus und das Korps tut sich bei der Suche nach Personal schwer.

Das ist nicht neu. Neu aber ist eine groß angelegte Rekrutierungskampagne, die nun vorgestellt wurde. Ressortminister François Bausch möchte dem personellen Engpass langfristig mit einem Dreijahresplan entgegenwirken. Und auch kurzfristig sollen neue Einsatzkräfte eingestellt werden. Doch woher nehmen? 


Lokale,CdP. Campagne médiatique de recrutement de la Police & Inauguration nouveau commissariat de Police à Limpertsberg.Foto:Gerry Huberty/Luxemburger Wort
Bausch will Polizei „substanziell“ aufstocken

Bausch nannte bei der Vorstellung der Kampagne keine konkreten Zahlen, sprach vage von „massiver“ und „substanzieller“ Aufstockung und stellte die Anforderungen an die Polizei unter anderem in den Kontext der demografischen Entwicklung mit 620.000 Einwohnern sowie täglich 200.000 Grenzgängern

Dem gegenüber stehen aktuell 1.800 Uniformierte. Auf dem Papier. In der Praxis aber sind es weniger, denn werden auch jene Beamten, die Teilzeit arbeiten, als vollwertige Kräfte gezählt. Dabei fehlen allein durch Teilzeitarbeit 300 Polizisten. Zudem treten jährlich rund 40 Personen in den Ruhestand. 

600 neue Polizisten binnen drei Jahren

Diese Zahlen nannte Pascal Ricquier, Präsident der Polizeigewerkschaft SNPGL, am Montag bei RTL und schätzte, dass in den kommenden drei Jahren nicht weniger als 600 Personen rekrutiert werden müssten – was aber noch nicht mal ausreichen würde, um alle Lücken zu füllen. 


Militärparade Training Polizei Polizeischüler
Polizeigewerkschaft: Nationalität soll Bedingung bleiben

600 zusätzliche Polizisten in drei Jahren, sprich 200 pro Jahr: Es sind Zahlen, die utopisch erscheinen, angesichts der aktuellen Personalsituation und der Rekrutierung in den vergangenen Jahren. Dass nun in 32 Monaten die Versäumnisse von Jahrzehnten aufgeholt werden können, muss stark angezweifelt werden. 

Dafür belegen diese Zahlen, dass die Politik – jeglicher Couleur – in Sachen Polizei versagt hat. Versagt hat, frühzeitig nachhaltige Rekrutierungswege zu suchen. Versagt hat, einem schwerwiegenden, weil sicherheitsrelevanten Problem Herr zu werden.

Auf Überstunden aufgebaut

Dabei sind die personellen Engpässe seit Langem bekannt. Regelmäßig machten die Gewerkschaften darauf aufmerksam. Mit der Polizeireform und der Arbeitszeitenregelung aber offenbarte sich das ganze Ausmaß der Misere. Weil die Beamten nicht mehr so viele Überstunden machen dürfen, fehlt es vorne und hinten an Einsatzkräften. 

Im Umkehrschluss zeigt das, dass der Polizeibetrieb in der Vergangenheit nur deshalb funktionierte, weil das Personal beständig und übermäßig Überstunden leistete. Ein Korps, das so aufgestellt ist, muss früher oder später kollabieren. 


„Die Polizeireform ist fehlgeschlagen. Den Bürgern wurde und wird Sand in die Augen gestreut“, so SNPGL-Präsident Ricquier.
SNPGL: „Die Polizeireform ist eine Blamage“

Die nun zwischen Gewerkschaften und Ministerien getroffenen Übereinkommen zu den Arbeitszeiten sind nötig, damit die Polizei überhaupt weiter funktionieren kann, sind aber keine Lösung für das eigentliche Problem des Personalmangels. 

So ist und bleibt die Polizei eine einzige große Baustelle, an der sich nun mit François Bausch erstmals ein grüner Minister versuchen darf. Ob der als Kind je den Wunsch hatte, Polizist zu werden, ist nicht bekannt. 

Ob er als Regierungsvertreter nochmals die Hand ausstrecken würde, wenn es um die Ressorts Innere Sicherheit und Verteidigung geht, auch darüber kann nur spekuliert werden.

Kontakt: gilles.siebenaler@wort.lu

Source Wort.lu

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