PRESSE Wort.lu Drei Jahre nach Giftmord: Prozess steht aus

Am 25. September 2016 sterben in der Dachgeschosswohnung eines Mehrfamilienhauses in der Cité Grand-Duc Jean zwei Menschen, eine 29-jährige Frau und ihr 31-jähriger Freund. Der Bruder der Frau steht unter Mordverdacht.⋌ Fotos: Steve Remesch /LW-Archiv

Am 25. September 2016 sterben in der Dachgeschosswohnung eines Mehrfamilienhauses in der Cité Grand-Duc Jean zwei Menschen, eine 29-jährige Frau und ihr 31-jähriger Freund. Der Bruder der Frau steht unter Mordverdacht.⋌ Fotos: Steve Remesch /LW-Archiv Foto: Steve Remesch

Vor drei Jahren kamen in einer Wohnung in Bereldingen zwei Menschen ums Leben. Unter Mordverdacht steht seitdem der Bruder eines der Opfer – ein damals 26-jähriger Polizist.

(str) – Junges Paar stirbt nach Wanderung: So lautete die Schlagzeile am 25. September 2016. Seitdem sind Tag für Tag drei Jahre vergangen.

Binnen weniger Tage entwickelten sich die beiden mysteriösen Todesfälle zu einem der spektakulärsten Fälle der jüngeren Kriminalgeschichte. Ein Tatverdächtiger befindet sich in Untersuchungshaft – der Bruder eines der Opfer, ein Polizist. Das Gerichtsverfahren steht noch aus.

An jenem Sonntagmorgen hatte das Paar an einer IVV-Wanderung in Vianden teilgenommen. Am frühen Nachmittag ist es beim Bruder der jungen Frau in dessen Wohnung in der Cité Grand-Duc Jean in Bereldingen zum Essen verabredet. Wie dieser später zu Protokoll gibt, hätten beide schon bei ihrer Ankunft über Übelkeit geklagt. Dann hätte sich dich die Situation zugespitzt. Beide seien ohnmächtig geworden. Ein Notarzt kann später nur den Tod der 29-jährigen Frau und ihres 31-jährigen Lebensgefährten feststellen.

Falsche Spur zu Nëssdrëpp

Unter Verdacht gerät – den Aussagen des Bruders nach – ein Nussschnaps oder -likör, den das Paar in Vianden zu sich genommen hat. Eine mögliche Blausäurevergiftung wird als mögliche Todesursache erwogen.

Doch die Nëssdrëpp-Hypothese steht schon früh auf wackeligen Beinen. Zum einen haben viele Menschen bei der Wanderung den edlen Viandener Tropfen gekostet und es gab nicht eine einzige Beschwerde. Bei der Herstellung von Nussschnaps ist es kaum möglich, dass Blausäure freigesetzt wird. Diese Spirituose wird nämlich zum einen gar nicht gebrannt. Die Walnüsse werden lediglich in neutralem Alkohol eingelegt. Zum anderen enthalten Walnüsse keine Blausäure. Diese kann nur beim Brennen von Steinobst wie etwa Zwetschgen und Mirabellen entstehen, wenn die harte Schale um den Kern zerstört wird, die Blausäure enthält. Die im fertigen Schnaps enthaltenen Mengen sind aber derart gering, dass eine Vergiftung quasi ausgeschlossen ist. Bei kriminaltechnischen Untersuchungen voller und leerer Flaschen aus Vianden werden denn auch keine Giftspuren festgestellt.

Verhängnisvolle Gespräche

Am Tag danach rückt zudem ein weiterer Vorfall in den Blickpunkt der Öffentlichkeit: Im Jahr 2014 hatte es scheinbar schon einen ähnlichen Zwischenfall in der gleichen Wohnung in Bereldingen gegeben. Die Mutter des Besitzers war in der Badewanne gestorben, nachdem auch sie über Übelkeit geklagt hatte. Der Hausarzt hatte einen Totenschein ausgestellt. Eine Autopsie gab es nicht. Die Leiche wurde eingeäschert. Einen Durchbruch bei den Ermittlungen um den mysteriösen Tod der 29-jährigen Schwester des Bewohners und deren 31-jährigen Freund gab es dann zwei Tage später.
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Drei Tage nach den mysteriösen Todesfällen durchsuchen Polizisten im Umfeld der Wohnung Gestrüpp und Abwasserkanäle.

Drei Tage nach den mysteriösen Todesfällen durchsuchen Polizisten im Umfeld der Wohnung Gestrüpp und Abwasserkanäle. Fotos: Steve Remesch

Der 26-jährige Polizist ist mit Kollegen seiner Schicht zum Abendessen in einem Restaurant an der hauptstädtischen Place des Bains verabredet. Dort kommen Dinge zur Sprache, welche die beiden Kollegen dazu bringen, diese unverzüglich an die Mordermittler weiterzuleiten – im gutem Glauben, ihrem Freund und Bekannten damit zu helfen.

Bei Tisch wiederholte er nicht nur seine Darstellung der Geschehnisse am Sonntag zuvor, sondern berichtete auch von Sachen, die er den Ermittlern verheimlicht habe „aus Angst, Probleme zu bekommen“. So habe er auf seinem Balkon eine Ampulle mit einer Flüssigkeit gefunden, die er aber über das Geländer geworfen habe, weil er gedacht habe, es handele sich um Magentropfen.

Die Geheimnisse des Darknet

Ein weiteres Thema, das selbst an den Nachbartischen Interesse weckt, ist das Darknet. Der 26-Jährige erkundigt sich bei seinen Kollegen darüber, inwieweit Einkäufe in diesem Teilbereich des Internets von den Behörden nachvollzogen werden können.


Fast drei Jahre sind vergangen, seit eine Leiche beim Fräiheetsbam in Strassen gefunden wurde. Nun soll es zu einem Prozess kommen.
Rentrée judiciaire: Brisante Prozesse stehen an

Für die Mordermittler sind diese Vorgänge von größtem Interesse. Denn es ist unbestritten, dass das Darknet auch Schwarzmarkthändlern eine diskrete Plattform bietet, um tödliche Gifte, wie das Blausäurekaliumsalz Zyankali, anzubieten. Drei Tage nach dem Tod des Paares wird der Polizist dazu von den Ermittlern befragt. Zeitgleich suchen andere Polizisten im direkten Umfeld der Wohnung in Bereldingen nach der Ampulle und möglichen anderen Indizien. Vor Ort scheint es, als wären sie fündig geworden.

Der nunmehr Tatverdächtige bestreitet vorliegenden Informationen zufolge aber vehement, etwas mit dem Tod der Schwester und deren Freund zu tun zu haben.

Ermittlungen auf nationaler Ebene abgeschlossen

Ein Tag später wird der 26-Jährige festgenommen und einem Untersuchungsrichter vorgeführt. Dieser ordnet Untersuchungshaft an, die bis zum heutigen Tag andauert. Über den weiteren Verlauf der Ermittlungen ist nur wenig bekannt. Immer wieder ist aber aus gut informierten Kreisen zu erfahren, dass der Verdächtige nach einem Gespräch mit seinem Anwalt von seinem Recht Gebrauch gemacht habe, weitere Aussagen zu verweigern.


Links der Stuhl, in dem das Opfer von Fentingen saß, rechts die Dachgeschosswohnung, in der sich das Drama von Bereldingen abspielte. Während im Fall der verlorenen Kugel der beschuldigte Jäger Rechtsmittel gegen eine Anklageerhebung eingelegt hat, sind die Ermittlungen zum mutmaßlichen Doppelmord noch nicht abgeschlossen. Der tatverdächtige Polizist befindet sich weiter in U-Haft.
Die Kugel und das Gift

Es sickert aber durch, dass der Verdacht gegen ihn dahin geht, seine Schwester und deren Freund mit einer vergifteten Suppe getötet zu haben. Im Anschluss habe er von der unklaren Situation in der Wohnung profitiert, um im Beisein von Polizisten Spuren zu beseitigen. So soll er die Suppe entsorgt und das Geschirr abgewaschen haben.

Wie am Dienstag  auf Nachfrage bei der Pressestelle der Justiz in Erfahrung zu bringen war, sind die Ermittlungen auf nationaler Ebene abgeschlossen – auf internationaler Ebene allerdings noch nicht. Es ist davon auszugehen, dass dieser zweite Teil des Dossiers einen mutmaßlichen Giftkauf im Darknet betrifft. Wann eine Ratskammer mit dem Fall befasst wird und diese dann möglicherweise grünes Licht für einen Prozess gibt, bleibt demnach abzuwarten.

Source Wort.lu

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