POLITIK – 02.03.2021 Marc HOSCHEID
Die betroffenen Polizisten müssten sich für einen Karriereaufstieg zunächst zurückversetzen lassen, jedoch ohne Garantien.
Bei der Rasterfahndung werden aufgrund ganz spezifischer Merkmale bestimmte Personengruppen gezielt kontrolliert. Das Netz soll möglichst so engmaschig sein, dass kein Verdächtiger hindurchschlüpfen kann, was trotzdem immer wieder vorkommt. Doch nicht nur Kriminelle, sondern auch Polizisten können durch das Raster fallen. Für Letztere ist dies allerdings ein weit weniger erfreuliches Ereignis, wie rezent 21 Beamte erfahren mussten.
Dies im Rahmen einer Prozedur, die Hunderten Polizisten bessere Karrieremöglichkeiten ermöglichen soll. Dafür wurden im neuen Polizeigesetz zwei unterschiedliche Möglichkeiten vorgesehen, das in Artikel 66 festgehaltene „Out/In“ sowie die durch Artikel 94 geregelte „Voie expresse“. Auf diese beiden Arten können Polizisten von der Karriere C 1 in die 2018 für Inhaber eines Premièresdiploms geschaffene Karriere B 1 aufsteigen. Bei der „Voie expresse“ ist das Dienstalter und nicht der Schulabschluss das Hauptkriterium. Diese Regelung gilt noch bis zum 1. August 2028 für alle Beamten mit einem Dienstalter von mindestens 15 Jahren.
Beim „Out/In“ müssen die Kandidaten ein Examen bestehen, zudem wird ihr Dienstalter nicht angerechnet, sie werden nach dem Wechsel der Besoldungsgruppe wie Berufsanfänger behandelt. Das bedeutet, dass diese Option mit zunehmendem Alter des Beamten immer unattraktiver wird.
Eigene Rückversetzung gefordert
Polizeiminister Henri Kox (Déi Gréng) möchte mithilfe der „Voie expresse“ den Großteil der infrage kommenden Beamten in die höhere Besoldungsgruppe transferieren. Bei 21 Polizisten, die 2019 über das „Out/In“ in die Karriere B 1 aufgestiegen sind, führt dieses Vorgehen jedoch für Frustration. Ihnen wurde nämlich kürzlich vorgeschlagen, sich freiwillig in die Karriere C 1 zurückversetzen zu lassen, um anschließend mittels „Voie expresse“ erneut aufzusteigen. Die Frist für eine Entscheidung endete am 1. März, dem Stichdatum für die nächste Welle des „Out/In“.
Die Betroffenen stören sich in erster Linie daran, dass sie keine Garantie für einen karriere-technischen Wiederaufstieg erhalten. Darüber hinaus müssten sie das „überschüssige“ Geld, das sie seit 2019 in der höheren Karriere verdient haben, zurückzahlen und auf ihr Widerspruchsrecht vor dem Verwaltungsgericht verzichten. Vor allem der letzte, von Polizei-Personaldirektor Francis Lutgen während einer internen Sitzung am 4. Februar geäußerte Punkt, soll unter den Beamten für Aufregung gesorgt haben. Anschließend habe Lutgen die Forderung relativiert.
Bei den Gewerkschaften gibt man sich eher zurückhaltend. Michel Mangen, Präsident der Gewerkschaft der Polizisten mit Sekundarschulabschluss (ADESP), will erst einmal abwarten, ob die Betroffenen, wie es ihnen in Aussicht gestellt wurde, wieder in ihre alte Karriere zurückkönnen, oder nicht. Problematisch sei, dass es keine schriftlichen Zusagen, sondern lediglich Lippenbekenntnisse des Ministers gebe.
Frage nach der rechtlichen Grundlage
„Ich bedauere, dass die Personaldelegation nicht eingebunden wurde und die Betroffenen niemanden haben, an den sie sich wenden können“, meint Pascal Ricquier, Präsident der Polizeigewerkschaft SNPGL. Aus Mangel an Informationen könne er nicht viel mehr sagen. Ricquier zeigt sich jedoch irritiert über die kursierenden Gerüchte und stellt die Frage in den Raum, ob überhaupt eine gesetzliche Basis für eine freiwillige Rückversetzung existiert. Er erinnert auch daran, dass sich aktuell weitere Personen in der „Out/In“-Prozedur befinden und die Zahl der Betroffenen noch steigen dürfte. Mitte des Monats soll es zu einem Austausch mit mehreren der 21 Beamten kommen.
„Es ist eine schwierige Entscheidung für die Betroffenen, weil niemand in die Zukunft sehen kann“, meint Francis Lutgen. Er gibt sich jedoch optimistisch, dass jeder, der sich für die freiwillige Rückstufung entscheidet bis 2028 wieder in die Kategorie B 1 aufsteigen kann. Nur ein Einstellungsstopp könne dies verhindern. Wie viele Beamte das Angebot angenommen haben, konnte er am Montag nicht sagen. Diese würden nun detaillierte Informationen erhalten und hätten danach Zeit sich zu entscheiden. Lutgen präzisiert zudem, dass zu den aktuell 21 Beamten höchstens noch neun hinzukommen könnten.
Hansen hat das letzte Wort
Es bleibt allerdings abzuwarten, ob Marc Hansen (DP), Minister für den öffentlichen Dienst, den Deal durchwinkt. In einer Mail, die von der Personalabteilung der Polizei an die 21 betroffenen Beamten verschickt wurde und dem „Luxemburger Wort“ vorliegt, wird explizit auf das Ministère de la fonction publique verwiesen.
Henri Kox: „Dem öffentlichen Interesse dienen“
Die Entscheidung könnte nämlich weitreichende Folgen für die Karrieren beim gesamten öffentlichen Dienst und somit die ohnehin wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise angespannte Finanzlage beim Staat haben. Kox ist zwar für die Polizei zuständig, aber Hansen hat bei der Fonction publique das letzte Wort. In der Vergangenheit ist es bereits mehrfach zu Kompetenzgerangel gekommen, bei dem Hansen die Oberhand behielt.