PRESSE Wort.lu Ein Mordermittler auf der Anklagebank

Der jahrelange Betrug kommt ans Licht, als in den Büros der Kriminalpolizei ein Geldumschlag mit 600 Euro verschwindet.
Der jahrelange Betrug kommt ans Licht, als in den Büros der Kriminalpolizei ein Geldumschlag mit 600 Euro verschwindet. Foto: Lex Kleren

Ein Kriminalpolizist fälscht Abrechnungen, um seinen teuren Lebenswandel zu finanzieren. Nun erwartet ihn möglicherweise eine Haftstrafe.

(str) – Eine Hochzeitsreise nach Bora Bora, eine Luxusuhr und teure Handtaschen als Geschenk für seine Frau, teure Autos sowie auch sonst ein Leben in Saus und Braus – und das alles auf Pump, was schließlich in eine Sackgasse führt. 

Kriminalpolizist Daniel M. sucht Auswege und findet sie, indem er Fälschungen begeht. Doch es kommt, wie es kommen muss. Der Schmu fliegt auf – und ein Mordermittler, der als einer der besten seiner Einheit galt, riskiert nun vier Jahre Gefängnis. 


Gericht - Prozesser - Photo : Pierre Matgé
Themendossier: Vor Gericht

„Ich habe weit über meinen Mitteln gelebt“, erklärt der inzwischen 40-Jährige nun vor den Richtern. „Autos, Urlaub, Luxus, ich habe komplett übertrieben und mich verschuldet. Irgendwann ging es nur noch darum, das Gesicht zu wahren.“ Das habe dann in einen Teufelskreis geführt, um Geld zu finden, um Schulden zu begleichen, um Löcher zu stopfen. 

Der Betrug habe sich einfach angeboten und er habe ihn durchgezogen – und: Wenn er nicht gestoppt worden wäre, hätte er weitergemacht. 

Wenn das Geschenk für den Chef verschwindet 

Das unausweichliche Ende kommt 2014 doch überraschend, obwohl es sicher ausreichend Hinweise gibt, dass etwas nicht stimmen kann. Der Chef der Mordkommission geht in Rente, seine Kollegen sammeln Geld für ein Abschiedsgeschenk. Daniel M. bewahrt den Umschlag mit den 600 Euro auf. 


Kriminalpolizist bleibt vorerst in U-Haft

Als das Geschenk gekauft werden soll, ist er im Urlaub in Bora Bora. Seine Kollegen wundern sich zwar über die 13.000 Euro teure Reise, stellen aber keine Fragen. Dass das Gehalt von Daniel M. aufgrund seiner umfangreichen Schulden bereits gepfändet ist und ihm eigentlich nur knapp 1.500 Euro monatlich zum Leben bleiben, wissen sie nicht. 

Eigentlich noch arglos durchsuchen sie sein Büro, um den Geldumschlag zu finden. Sie entdecken einen privaten Safe und auch den dazugehörigen Schlüssel. Was sie dann in dem Panzerfach finden, verschlägt ihnen die Sprache: ein Inkasso-Schreiben zu einer Schuld in Höhe von 47.000 Euro. 

„Richteg armséileg“

Doch damit nicht genug. In der Altpapiertonne im Büro stoßen sie auf gefälschte Dokumente: Darunter fingierte Lohnzettel und Abrechnungen für nie geleistete Übersetzungen. „Déi Sau“, entfährt es einem der Mordermittler, als er bemerkt, dass Daniel M. auch die Unterschrift von einem seiner Kollegen gefälscht hat. Ein Umstand, den der Richter im Prozess mit „richteg armséileg“ kommentiert.

Die Polizeiinspektion wird eingeschaltet. Als Daniel M. von seiner Hochzeitsreise zurückkehrt, erwartet ihn reichlich Ärger und herbe Enttäuschung von seinen Kollegen, die ihn alle, wie sie im Prozess hervorheben, eigentlich auch heute noch schätzen. Im Raum steht eine Schadenssumme von rund 37.000 Euro für Betrügereien in den Jahren 2008 bis 2014. 

Zahlungen für fiktive Dienstleistungen arrangiert 

Daniel M. legt ein umfangreiches Geständnis ab: So hat er seine Ex-Frau immer wieder für fiktive Übersetzungsdienste in realen Dossiers engagiert und diese dann dem Justizministerium in Rechnung gestellt. Damit sollen seine Rückstände bei den Unterhaltszahlungen für die gemeinsame Tochter gedeckt werden. Und auch mit seiner neuen Frau wiederholt er die Masche. Beide Frauen sind ebenfalls geständig. Es geht um Beträge von mehreren Zehntausend Euro.


Haftbefehl gegen Polizeibeamten

Eine weniger gute Figur im Prozess machen indes zwei Freunde von Daniel M., die laut Anklage ebenfalls für fiktive Übersetzungen abkassiert haben. Beide geben trotz anderslautender Angaben von Daniel M. vor Gericht an, nichts von dem Betrug gewusst und sich keine Fragen zu den Zahlungen gestellt zu haben. 

Sie hätten gedacht, für tatsächliche Dienste bezahlt worden zu sein. Genau hätten sie auch nie hingesehen. 

Unter den beiden Mitangeklagten befindet sich auch der heutige Geschäftspartner von Daniel M., denn der hat die Polizei verlassen und ist inzwischen ein erfolgreicher Geschäftsmann – so, dass er inzwischen nicht nur den Schaden aus dem Betrug zurückbezahlen konnte, sondern auch seine gesamten Privatschulden. 

Neben kleineren Betrügereien zum Nachteil eines weiteren Freundes und eines Fußballclubs sowie Fälschungen im Kontext eines Leasing-Vertrags und bei Darlehensanträgen kommt aber auch ein spektakuläres Vorhaben von Daniel M. ans Licht, das seine damaligen Geldprobleme möglicherweise einfach gelöst hätte. 

Ein geheimer Deal mit dem deutschen Fiskus 

2014 will er dem deutschen Fiskus gegen Zahlung vertrauliche Daten von Steuersündern anbieten, die ihr Geld in Luxemburg gebunkert haben. Mittel zum Zweck ist eine von der Kripo im Rahmen eines Erpressungsversuchs beschlagnahmte Daten-CD. Als die Zollfahndung aus Düsseldorf Interesse anmeldet, befindet sich Daniel M. jedoch bereits in Bora Bora. Nach seiner Rückkehr kommt er für 42 Tage in Untersuchungshaft. Der Deal platzt. 


Rheinland-Pfalz: Illegal beschaffte Daten-CDs dürfen verwendet werden

Die Staatsanwaltschaft beantragt am Ende des Verfahrens vier Jahre Haft sowie eine hohe, an den derzeitigen Verdienst von Daniel M. angepasste Geldstrafe. Der Vollzug der Haftstrafe könne aufgrund des Fehlens von Vorstrafen, des Geständnisses des Angeklagten und dessen Bemühungen, den Schaden zu beheben, weitreichend zur Bewährung ausgesetzt werden. 

Für die derzeitige Frau und für die ehemalige Ehepartnerin fordert die Anklägerin eine Haftstrafe von zwölf Monaten – mit integralem Strafaufschub. Und für die beiden angeklagten Freunde von Daniel M., die beide keine aktive Rolle gespielt hätten, sei eine Aussetzung des Urteils möglich. 

Strafmilderung wegen Délai raisonnable

Allen fünf Angeklagten gesteht die Anklägerin in ihrer Strafforderung zudem eine Strafminderung wegen eines überschrittenen Délai raisonnable zu. Tatsächlich sind sieben Jahre vergangen, seit der Betrug aufgeflogen ist, wobei es bei den Ermittlungen zu einem unbegründeten Stillstand von zwei Jahren kam. Zudem vergingen dann auch noch zwei Jahre zwischen dem Abschluss der Ermittlungen und der Anklageerhebung. 

Auf das Urteil muss hingegen niemand mehr lange warten, denn das ergeht am 29. April. 

Source Wort.lu

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