Neben Polizisten sind vom 15. Mai an auch erneut private Sicherheitsdienste in der Hauptstadt auf Patrouille. Foto: Polizei
Bürgermeisterin Lydie Polfer macht fehlende Polizeipräsenz für eskalierende Gewalt der Hauptstadt verantwortlich. Der Polizei seien die Fakten bekannt, entsprechend handeln, würde sie aber nicht.
„Wir haben eine beunruhigende Situation bei der Sicherheit“, sagt die hauptstädtische Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP), bei ihrem monatlichen City-Breakfast-Pressetermin. „Es vergeht kein Tag ohne Gewalttat, bei der Menschen am helllichten Tag auf offener Straße beraubt werden.“ Zehn solcher Fälle habe es in den vergangenen Tagen gegeben.
Der Hintergrund:
Ob es sich dabei tatsächlich um eine generelle Tendenz handelt oder um eine punktuelle Häufung von Taten sei dahingestellt. Fakt ist, dass derzeit eine, möglicherweise zwei, organisierte Täterbanden am Werk sind. Am Wochenende hatte die Polizei beispielsweise drei Fälle gemeldet, bei der mehrere Täter in der Stadt Opfern Goldketten vom Hals gerissen hatten. Gestern gab es einen weiteren Vorfall.
Seit Monaten tritt zudem in mehr oder minder regelmäßigen Abständen eine Tätergruppe auf, die es auf wertvolle Uhren abgesehen hat und deren Träger zunächst zu Boden reißt und dann beraubt. LW-Informationen nach gibt es in diesem Kontext eine präzise Spur zu einem konkreten Täterkreis, der aus dem Ausland operiert. Die Ermittlungen seien demzufolge weit fortgeschritten.
Lydie Polfer: „Ich will keine Polemik entfachen“
Auch Lydie Polfer scheinen Hinweise zur Identität der Täter vorzuliegen: „Ich will hier keine Polemik entfachen“, meint sie. „Aber es ist wohl so, dass es sich bei den Tätern zum Teil um Menschen handelt, die sich überhaupt nicht im Großherzogtum aufhalten dürfen.“ Es gebe aber scheinbar Schwierigkeiten, diese im Centre de Rétention unterzubringen. „Wenn diese Menschen merken, dass sie völlig unbehelligt bleiben, dann fühlen sie sich auf einmal sehr frei, in dem was sie tun.“
Uhrendiebstähle in der Hauptstadt: Vom Handgelenk gerissen
Offensichtlich macht sie dafür fehlende Polizeipräsenz verantwortlich: „Der Polizei sind die Fakten bekannt, und diese müssten sie ja eigentlich dazu verleiten, etwas zu unternehmen“, sagt sie.
Man könne dem nun nicht mehr einfach zuschauen, meint die hauptstädtische Bürgermeisterin weiter. Deshalb habe sie am Montagnachmittag einen Brief an den Minister für innere Sicherheit Henri Kox (Déi Gréng) geschickt, in dem sie den Minister auffordere, für eine stärkere Präsenz von Sicherheitskräften zu sorgen – zu Fuß und in den Fußgängerzonen.
Drei Dinge, die das Sicherheitsgefühl an Brennpunkten erhöhen
„Wir wollen, dass der Minister mit der Polizei zusieht, wie die Präsenz von Beamten erhöht werden kann und so Täter abgeschreckt werden“, bekräftigt sie. Außerdem habe sie in dem Schreiben ihre Forderung nach einer Ausdehnung der Videoüberwachung wiederholt.
„Es gibt eine sehr einfache Möglichkeit festzuhalten, welche Menschen sich auf den Weg dieser Straftaten begeben und, um die Chance zu erhöhen, sie zu erwischen“, erklärt sie und fährt fort: „Wir fragen uns aber auch, wo der interministerielle Bericht bleibt, den der Minister zugesagt hat. Und wann wird das Gesetzesprojekt vorgelegt, das der Polizei Mittel geben soll, um gegen Menschen vorzugehen, die Hauseingänge besetzen? Das sind Dinge, die uns in Aussicht gestellt wurden und, die gut wären, wenn sie kommen würden. Wir fragen einfach: Wann kommen sie? Wann wird endlich etwas unternommen?“
Neue Security-Firma mit ausgedehntem Vertrag
Man versuche indes, das zu tun, was man könne, meint Polfer weiter. Deshalb würden vom 15. Mai an die privaten Sicherheitspatrouillen auch auf Bonneweg ausgedehnt. Hier sollen genau wie im Bahnhofsviertel zwei Teams im Einsatz sein und ein weiteres in der Oberstadt.
Platzverweis wieder auf dem Tisch
Auf Nachfrage erklärt sie, der Vertrag mit GDL Security sei ausgelaufen und der Markt neu ausgeschrieben worden. Unter sieben Anbietern habe sich G4S durchgesetzt. Die Vertragsdauer erstrecke sich über sechs Monate.
Beim Ministerium für innere Sicherheit war auf Nachfrage zu erfahren, dass eine E-Mail-Kopie des Briefs der Bürgermeisterin um 18.05 Uhr am Montag eingegangen sei. Das Originalschreiben liege noch nicht vor. Und natürlich erhalte die Bürgermeisterin eine Antwort in gebotener Form. Bis dahin werde man aber nicht auf diesbezügliche Presseanfragen reagieren.
Das Kinnekswiss-Problem
Das Phänomen der ausufernden Feiern von Jugendlichen in den Stadtparks sei ihr keineswegs entgangen, meinte Lydie Polfer am Mittwoch auf Nachfrage. Auch sie habe die Bilder von Kinnekswiss gesehen. „Es ist nichts Schlimmes dabei, wenn Jugendliche sich in kleinen Gruppen in den Parks zusammensetzen würden“, sagt die Hauptstadtbürgermeisterin. „Man kann dieses Bedürfnis ja auch nachvollziehen.“
Sobald aber diese Ansammlungen zu groß werden würden, käme es vor allem abends zu Massenschlägereien, bei denen auch immer wieder abgebrochene Flaschen eingesetzt würden. Das sei dann sehr gefährlich. Außerdem sei dann die Einhaltung der sanitären Maßnahmen angesichts der hohen Zahl von jungen Menschen, die sich zusammenfinden würden, unmöglich. Auch all das geschehe nur, weil es keine ausreichende Polizeipräsenz gebe.
Die Stadtparks zu schließen sei technisch kaum umsetzbar, meinte Polfer. Das Dräi-Eechelen-Gelände hingegen wurde kürzlich gesperrt. Dies sei vor allem wegen der Sturzgefahr und der 15 Meter hohen Mauern erfolgt.