Von Eric Hamus / 27 . September 2021 um 19.01 Uhr – Akt.: 27. September 2021 um 19.01 Uhr

Die Polizei will ab sofort mehr Präsenz im Alltag zeigen. Ziel ist es, in der Öffentlichkeit verstärkt aufzutreten und dem Unsicherheitsgefühl entgegenzuwirken, das viele Bürger derzeit empfinden. Zu diesem Zweck soll die Arbeitseinteilung der Beamten so umstrukturiert werden, dass die Patrouillen massiv verstärkt werden können. Den Auftakt macht die Stadt Luxemburg. Nach und nach wird die neue Mission dann auch auf andere Regionen ausgedehnt.
Noch ist der Personalmangel bei der Polizei nicht gelöst, schon sind die Luxemburger Ordnungskräfte um eine Mission reicher: Die Beamten sollen ab sofort mehr Bürgernähe demonstrieren, indem sie verstärkt in der Öffentlichkeit patrouillieren. Das hat die Führung um Polizeiminister Henri Kox („déi gréng“) am Montag angekündigt. Angefangen bei den Brennpunkten der Stadt Luxemburg, soll die Mission dann sukzessive auf andere Ortschaften des Landes ausgedehnt werden.
Neu ist das Vorhaben nicht, handelt es sich bei der Stärkung der Bürgernähe doch um Kernelemente der Reform von 2018. Mit der Ausdehnung der Verfügbarkeit der Beamten reagieren Ministerium und Polizeiführung aber auf die andauernde Kontroverse um den Einsatz von privaten Sicherheitsbeamten im hauptstädtischen Bahnhofsviertel, die durch den Vorfall Anfang September, bei dem ein Mann von einem Wachhund angefallen wurde, zusätzlich befeuert wurde.
„Ich hätte endlich gerne Ruhe in diesem Dossier“, gab Kox denn auch unumwunden zu. Seine Haltung bezüglich privater Sicherheitsdienste sei hinlänglich bekannt: „Die öffentliche Macht gehört in die öffentliche Hand“, so der Minister, der den Gemeindeverantwortlichen mit diesem neuen Angebot eine Hand reichen wolle. Schließlich sei die öffentliche Sicherheit ein wichtiges Anliegen. „Das Sicherheitsgefühl der Bürger liegt mir am Herzen“, betonte Kox.
Ein Ohr für Bürger
Für Pascal Peters, Chef der „Police administrative“, ist das Vorhaben ein wichtiger Bestandteil der polizeilichen Präventionsarbeit. „Wir haben stets ein offenes Ohr für die Bürger. Deshalb versuchen wir nun in erster Linie dort präsent zu sein, wo das Unsicherheitsgefühl am höchsten ist“, so Peters, der sich der besonderen Herausforderungen durchaus bewusst ist.
So gilt es, ein Gleichgewicht zu finden zwischen der verstärkten Sichtbarkeit und anderen Einsätzen der Polizei. „Ein Großteil der Polizeiarbeit spielt sich eben im Büro ab“, gab Regionaldirektor Patrick Even zu bedenken. Genau dort wolle man nun ansetzen, etwa indem die betroffenen Patrouillen festgestellte Straftaten an andere Einheiten weiterreichen. Ziel sei es nämlich, die Präsenz aufrechtzuerhalten. In anderen Worten: Die Beamten sollen auch nach einem Eingriff im Feld bleiben und nicht wieder im Büro abtauchen. In diesem Punkt setzt die Polizei auf Synergien zwischen den patrouillierenden Einheiten und Mannschaften, die für andere Einsätze abgestellt wurden, im besagten Moment aber verfügbar sind.
Polizeiminister Kox gab vor diesem Hintergrund zu bedenken, dass die verstärkte Sichtbarkeit nicht unbedingt mit einer massiven Aufstockung des Personals einhergehe. „Die Anzahl der Beamten wird nicht explosionsartig steigen, denn wir haben die noch nicht. Vielmehr müssen wir die Arbeitsweise anpassen, um dem Bürger ein subjektives Sicherheitsgefühl vermitteln und gleichzeitig auch andere Missionen erfüllen zu können“, unterstrich der Minister. Die verstärkte Präsenz müsse in den Polizeialltag übergehen. Und das könne man dank Synergien, Kooperationen und einer anderen Arbeitseinteilung auch mit der aktuellen Personaldichte erreichen.
Den Blick nach vorne
„Der Personalmangel ist nun mal Fakt“, so Kox, der in diesem Zusammenhang eine Ausdehnung der aktuellen Rekrutierungskampagne in Aussicht stellte. 600 Beamte in Uniform sollen in den nächsten drei Jahren ausgebildet werden. Angesichts der bevorstehenden Abgänge sei es aber durchaus möglich, dass diese Kampagne noch um ein weiteres Jahr verlängert werde, so Kox. Es sei nun an der Zeit, den Blick nach vorne zu richten.
Operative Details zur Ausdehnung der Sichtbarkeit wurden indessen keine genannt. Nur so viel ist sicher: Die Mission konzentriert sich in einer ersten Phase auf das Bahnhofsviertel, Bonneweg und das Stadtzentrum von Luxemburg-Stadt, bevor sie nach und nach auch auf andere Regionen ausgeweitet wird. Mit Differdingen laufen bereits erste Gespräche, mit den Verantwortlichen der Stadt Esch wolle Kox sich noch im Herbst zusammensetzen. In Ettelbrück seien derweil bereits verstärkt Patrouillen unterwegs.
Angesichts der organisatorischen Herausforderungen gehen die Verantwortlichen noch von Änderungen in den nächsten Wochen und Monaten aus. Ausschlaggebend sei die Umsetzung des Spagats zwischen der verstärkten Sichtbarkeit und den täglichen Einsätzen der Beamten, so Peters. „Es kann also durchaus sein, dass wir noch Anpassungen vornehmen müssen“, betonte der Polizeidirektor. Wichtig sei, dass die neue Mission im polizeilichen Alltag übernommen werde.
Die Verantwortlichen der Stadt Luxemburg haben die Ankündigung des Polizeiministers in einer ersten Reaktion positiv bewertet: „Wir begrüßen das Vorhaben der Polizei, künftig mehr Präsenz in der Öffentlichkeit zu zeigen. Schließlich handelt es sich hierbei um eine langjährige Forderung der Einwohner und des Schöffenrates“, so der Erste Schöffe Serge Wilmes (CSV) auf Nachfrage des Tageblatt. „Gleichzeitig wollen wir aber noch abwarten, wie diese Patrouillen konkret im Alltag umgesetzt werden“, betonte Wilmes.
Der Vertrag mit der Luxemburger Sicherheitsfirma läuft am 31. Oktober aus. Eine Entscheidung, ob die Zusammenarbeit über den Herbst hinaus verlängert wird, hat der hauptstädtische Schöffenrat noch nicht getroffen. Man wolle aber auf jeden Fall dafür sorgen, dass auch die Bürger zu Wort kommen, so Bürgermeisterin Lydie Polfer Anfang September.
