PRESSE Wort.lu Polizeidirektion erstattet Strafanzeige in sechs Fällen

LOKALES Steve Remesch 27.09.2021

Mehrere Videoclips zeigen kurze Ausschnitte des Polizeieinsatzes am Vorabend des Nationalfeiertags.
Mehrere Videoclips zeigen kurze Ausschnitte des Polizeieinsatzes am Vorabend des Nationalfeiertags. Foto: Screenshot

Die Generaldirektion der Polizei geht aktiv gegen Beleidigungen und Drohungen in sozialen Medien vor.

Es ist ein äußerst ungewöhnliches Vorgehen und es war bislang nicht in Erfahrung zu bringen, ob es überhaupt bereits einen vergleichbaren Fall gab: Die Generaldirektion der Polizei hat LW-Informationen zufolge, im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen am Vorabend vom Nationalfeiertag in der Altstadt, in sechs Fällen Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. 


Autokontrolle vor der Faschingszeit - Photo : Pierre Matgé
Polizeibeamter bekam Faustschlag ins Gesicht

Dabei geht es nicht um die gewaltsamen Vorfälle selbst, sondern um Äußerungen, die in der Folge in sozialen Netzwerken getätigt wurden. Konkret sollen einzelne Polizisten und die Polizei als solche beleidigt und bedroht worden sein. 

Die Pressestelle der Justiz wollte den konkreten Sachverhalt auf Nachfrage hin nicht kommentieren. Und auch bei der Presseabteilung der Polizei gab es für die genannten Strafanzeigen weder ein Dementi noch eine Bestätigung. 

Ein Foto sticht hervor 

Bei LW-Recherchen war tatsächlich ein Foto aufgefallen, das den Straftatbestand von Drohungen erfüllen könnte. Es wurde in einer „Story“ in sozialen Medien geteilt und zeigt drei Polizisten mutmaßlich in der Nacht, in der es zu den Auseinandersetzungen gekommen war. Ein Beamter ist mit einem grünen Pfeil gekennzeichnet. Dem Bild wurde der Text „salle fdp tu vas regretter“ beigefügt. Dieses Foto, auf dem ein Polizist mit einem grünen Pfeil gekennzeichnet ist, und das mit der Bildzeile „salle fdp tu vas regretter“ versehen ist, wurde nach den Auseinandersetzungen am Vorabend von Nationalfeiertag in sozialen Medien verbreitet. Ob dieses Bild Teil der Strafanzeigen ist, bleibt unbestätigt. Die LW-Redaktion hat die Gesichter der abgebildeten Polizisten unkenntlich gemacht. Dieses Foto, auf dem ein Polizist mit einem grünen Pfeil gekennzeichnet ist, und das mit der Bildzeile „salle fdp tu vas regretter“ versehen ist, wurde nach den Auseinandersetzungen am Vorabend von Nationalfeiertag in sozialen Medien verbreitet. Ob dieses Bild Teil der Strafanzeigen ist, bleibt unbestätigt. Die LW-Redaktion hat die Gesichter der abgebildeten Polizisten unkenntlich gemacht. Foto: Screenshot

Dafür, dass dieses Bild Teil der Strafanzeigen ist, gibt es keine offizielle Bestätigung. Ebenso ist unklar, ob die Anzeigen nur Personen betreffen, die die Drohungen oder Beleidigungen selbst verfasst haben, oder möglicherweise auch solche, die sie in sozialen Netzwerken weiterverbreitet haben. 

Während der Pressesprecher der Polizei, Frank Stoltz, Fragen zu den konkreten Strafanzeigen und zum Inhalt der Beleidigungen und Drohungen unbeantwortet ließ, erklärte er dem „Luxemburger Wort“, prinzipiell könne die Generaldirektion der Polizei durchaus im Namen der Polizei Strafanzeige stellen, wenn in sozialen Medien Äußerungen gemacht werden, die sich gegen das Korps richten. Im Kontext von Beleidigungen oder Drohungen gegenüber Polizei könnten je nach Publikation vier verschiedene Artikel aus dem Strafgesetzbuch bei einer Strafanzeige infrage kommen. 

Beleidigungen in allen Formen

Der Artikel 277 des Strafgesetzbuches zum Outrage envers les corps constitués kommt etwa zur Anwendung, wenn gezielt herabsetzende Äußerungen gegenüber einem öffentlichen Amt oder dessen Vertreter gemacht werden. Das Strafmaß für eine derartige Beleidigung gegenüber dem Polizeikorps entspricht dann auch dem, das für die gleiche Tat gegenüber einem einzelnen Polizisten vorgesehen ist: eine Haftstrafe von acht Tagen bis zu einem Monat und eine Geldbuße von 251 bis 2.000 Euro. 


Ausschreitungen bekommen Nachspiel

Dazu kommen die Artikel 443 ff. zur Atteinte portée à l’honneur ou à la considération d’un corps constitué, ehrabschneidenden Äußerungen gegenüber einem Korps und Artikel 448 zu Injures contre un corps constitué, also gezielt verletzenden Äußerungen gegenüber dem Korps. Während das Strafmaß für Verstöße gegen Artikel 277 und 443 das Gleiche ist, liegt die Höchststrafe bei Artikel 448 bei zwei Monaten Haft und 5.000 Euro. 

Über Beleidigungen hinaus, kommt allerdings auch noch der Tatbestand der Falschbeschuldigung infrage – in diesem Szenario, träfe dies etwa zu, falls jemand die Polizei fälschlicherweise einer Straftat beschuldigen würde. Artikel 445 sieht in dem Fall zwischen 15 Tagen und sechs Monaten Haft und eine Geldbuße von 251 bis 10.000 Euro vor.

Die Vorgeschichte

In der Nacht vom 22. auf den 23. Juni war es in den Straßen der Altstadt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Polizisten gekommen. Laut der offiziellen Darstellung der Polizei gab es in dieser Nacht zunächst eine größere Gruppe von Feiernden, welche die Polizei wiederholt provoziert habe. 

Nachdem jegliche Versuche, die Situation zu deeskalieren gescheitert seien, habe man entschieden, die Personalien der Beteiligten aufzunehmen. Dabei seien mehrere Personen handgreiflich geworden. Ein Polizist habe einen Faustschlag ins Gesicht bekommen. Später sei die Situation erneut eskaliert, als andere Personen, die nicht der ersten Gruppe angehört hätten, eine feindselige Haltung gegenüber den Polizisten offenbart hätten und man diese auf Distanz hätte halten müssen. Dabei seien zwei Polizisten sowie weitere Personen verletzt worden. Eine Person sei ins Krankenhaus gebracht worden. 

Bedrängt, bedroht und geschubst

Polizisten hatten gegenüber dem “Luxemburger Wort” erklärt, an diesem Abend habe eine Personengruppe mit stark betrunkenen Menschen die Beamten bei zwei Gelegenheiten offensiv beleidigt. Zudem seien wiederholt einzelne Beamte bedrängt, bedroht und geschubst worden. 


Lokales,PK Controle du respect des mesures prévues dans la loi Covid..Henri Kox.Foto:Gerry Huberty/Luxemburger Wort
Appell des Polizeiministers im Vorfeld des EM-Finales

Bei einer dritten Konfrontation, als die Beamten die Personalien aufnehmen wollten, sei es dann sofort zu schweren Handgreiflichkeiten und Schlägen kommen und immer mehr Passanten hätten sich eingemischt. Nach gezielten Flaschenwürfen gegen die Polizisten sei die Situation dann nicht mehr zu kontrollieren gewesen und die Beamten seien zum Schlagstockeinsatz übergegangen. 

Der Polizeieinsatz und auch der Einsatz von Schlagstöcken wurde von mehreren Personen per Handykamera dokumentiert. Von diesen Aufnahmen fanden mindestens sechs kurze Videoclips und diverse Zusammenschnitte eine sehr rasche Verbreitung in sozialen Netzwerken. 

Junger Mann wird schwer verletzt

Die bei LW-Recherchen gesicherten Videoclips zeichnen sich allerdings allesamt dadurch aus, dass sie nur sehr kurze Sequenzen zeigen – demnach jeweils nur einen geringen Teil der Geschehnisse. Zudem ist die Qualität unterschiedlich gut, die meisten Videos wurden offensichtlich mehrfach kopiert und beschnitten. 

Auf einem Videoclip ist auch ein auf dem Boden liegender junger Mann mit blutverschmiertem Gesicht zu erkennen. In der Folge wurde bekannt, dass ein junger Mann mutmaßlich beim Schlagstockeinsatz schwere Verletzungen im Gesicht und an einem Auge davongetragen hatte. 


Durch vielfaches Kopieren: Sehr undeutliche Handybilder zeigen den Polizeieinsatz gegen 2.30 Uhr am Nationalfeiertag.
IGP sucht Zeugen nach Schlägereien beim Palais

In diesem Zusammenhang hat die Inspection générale de la police (IGP), die in Luxemburg für Ermittlungen zu polizeilichem Handeln zuständig ist, einen Zeugenaufruf veröffentlicht. Diese von der Polizei getrennte Instanz prüft derzeit, ob es ein Fehlverhalten der Polizei oder von einzelnen Polizisten bei diesem Einsatz gab. 

Parallel dazu gibt es auch Ermittlungen der Polizei wegen der gewaltsamen Übergriffe gegen Polizisten. In der Nacht waren nämlich auch mehrere Beamte verletzt worden. 

Source Wort.lu

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