Bereits im September 1991 hat die Polizei schon einmal versprochen, Sichtbarkeit zur obersten Priorität zu machen.
Eigentlich kann Lydie Polfer zufrieden sein. Die hauptstädtische DP-Bürgermeisterin hat am Montag vom Minister für innere Sicherheit, Henri Kox (Déi Gréng), und der Polizeidirektion ein Versprechen für mehr Polizeipräsenz erhalten, für das sie keine Gegenleistung erbringt. So hätte sie im Gegenzug erklären können, künftig auf den Einsatz von privaten Sicherheitspatrouillen parallel zur Polizei zu verzichten. Das tat sie aber nicht.
Ein neuer Plan für mehr Polizeipräsenz
Interessant ist aber, dass das Versprechen von Kox und Polizei alles andere als neu ist. Denn vor fast genau vor 30 Jahren hat es das bereits in quasi identischer Form vom damaligen Polizeidirektor Colonel Marcel Reiter gegeben. Eine „ständige, sichtbare und allgegenwärtige Polizeiüberwachung in der Hauptstadt“. Das ist so am 27. September 1991 im „Luxemburger Wort“ zu lesen.
Das subjektive Sicherheitsgefühl
Wer den heute nicht mehr so zeitgemäßen Begriff der Überwachung durch schlichte Präsenz ersetzt, der kommt dem heutigen Diskurs sehr nahe – wenn auch damals das Unsicherheitsgefühl weniger von Drogenhändlern und Bettlern ausging als von Strauch- und Autodieben. LW-Archiv
Auch bei Lydie Polfer hat sich die Wortwahl kaum verändert: Die Stadt wird von Polizei und Politik im Stich gelassen. Im Wortlaut: „Et huet een effektiv d’Impressioun gehat, datt wärend enger Rei Jore mir d’Stéifkand waren. Dofir hu mir eis gewiert, vill gewiert, an haart gewiert, an dat hei ass eben de Beweis, datt de Wëllen do ass, deem entgéint ze komme, wat mir gefrot hunn. Dat gëtt och ganz einfach vun de Leit verlaangt“, ist sie am 29. September 1991, also auf den Tag genau vor 30 Jahren auf „Hei Elei Kuck Elei“ zu hören.
„Dat hei“ ist der damals neue Sicherheitsplan für die Hauptstadt: Von einem „Präventivplan, der physische Präsenz uniformierter Beamter in allen
Ortsteilen der Stadt sichern soll“, ist im damaligen LW-Bericht zu lesen. 1991 wurde festgehalten, möglichst viele Fußpatrouillen einzusetzen. 2021 ist das der neue Plan. Foto: Lé Sibenaler/Photothèque de la Ville de Luxembourg
Eine Patrouille der Verkehrspolizei soll etwa ständig im Außeneinsatz sein. In den 25 Stadtvierteln sollen systematische Fußpatrouillen durchgeführt werden, um den Kontakt zur Bevölkerung zu erhalten. Hundeführer sollen in Parks Kontrollgänge durchführen. Die Marktpolizei soll täglich öffentliche Präsenz zeigen. Zur Verbrechensvorbeugung sollen nachts Streifenwagen durch die Wohnviertel fahren.
Zudem sollen uniformierte Posten zu bestimmten Zeiten in der Stadt Stellung beziehen. Letztgenannte Maßnahme zielte allerdings vorrangig auf eine Aufgabe ab, für die heute die Polizei weit weniger verantwortlich gemacht wird, als etwa die Politik: den Verkehrsfluss in der Stadt.
Die Mission – damals wie heute
Anno 2021, also 30 Jahre später klingt das dann alles doch sehr ähnlich. Polizeiminister Kox sowie zwei Vertreter der Polizeidirektion versprachen am Montag, die Sichtbarkeit der Polizeipräsenz dadurch zu erhöhen, dass man diese zur eigenständigen Mission macht. Neben der Polizei war 1999 auch noch die Gendarmerie in der Hauptstadt im Einsatz. Im kommunalen Präventivplan von 1991 kam sie allerdings nicht vor. Foto: Lé Sibenaler/Photothèque de la Ville de Luxembourg
Was heute eine Mission ist, die durch eine Reorganisierung der Personaleffektive gewährleistet wird, war 1991 ein schwerpunktmäßiger Einsatz. Aus einer physischen Präsenz wird nach 30 Jahren eine sichtbare Präsenz. Der Polizist soll damals wie heute für den Bürger ansprechbar sein. Fußpatrouillen werden 2021 allerdings um Polizisten auf Fahrrädern ergänzt.
Die Standposten werden nicht mehr viermal am Tag zu Spitzenzeiten an neuralgischen Verkehrsknotenpunkten eingesetzt, sondern zu bestimmten Zeiten an neuralgischen Punkten, die durch eine polizeiliche Analyse festgelegt werden.
„Gitt siichtbar“
Neu ist im Vergleich zum Versprechen von vor 30 Jahren nur, dass das elektronische Einsatzleitsystem den Status aller diensthabenden Polizisten erfasst. So können Beamte, die dazu eingeteilt sind, sich nach dem „Gitt siichtbar“-Prinzip mit orangen Warnwesten an Brennpunkten zu zeigen, Feststellungen direkt an andere Patrouillen weitergeben. Sie verschwinden nicht gleich nach dem ersten Tatverdacht wieder aus dem Stadtbild ins Büro.
Seit 1991 hat sich aber auch etwas anderes geändert: Das Ego, das die Verantwortlichen der Polizei an den Tag legen. Vor 30 Jahren traute sich der damalige Zentralkommissar der hauptstädtischen Polizei, Pierre Reuland, noch ein Erfolgskriterium für den Sicherheitsplan festzulegen. „De But vun eiser Missioun ass et, fir de Leit opzefalen“, erklärt er bei „Hei Elei Aktuell“. „Wann dem Bierger de Plang net opfält, dann huet en säin Zweck net erfëllt“. Heutzutage dürfte wohl keiner der Verantwortlichen aus Polizei und Politik sich so weit aus dem Fenster lehnen.