Lausdorn-Prozess LOKALES Sophie Hermes
Im April 2018 kam es bei einer Verfolgungsjagd in Lausdorn zu einem tödlichen Unfall. Nun müssen sich zwei Personen vor Gericht verantworten.
„Auf der rechten Seite sah ich einen Wagen mit Blaulicht. Als wir weiter geradeaus fahren wollten, fuhr der Skoda nach links auf unsere Fahrbahn.“ Mit diesen Worten erinnerte sich vor dem Bezirksgericht Diekirch einer der beteiligten Polizisten an den tödlichen Unfall bei einer Verfolgungsjagd in der Nacht zum 14. April 2018 auf der N7 in Höhe von Lausdorn. Er ist damals Polizeischüler und hat auf der Rückbank Platz genommen. Als der Polizeibus mit dem Polizeiauto, einem Skoda, kollidiert, bricht er sich das Bein. Für den Fahrer des Skoda endet der Unfall tödlich, seine Beifahrerin wird schwerst verletzt.
Seit Montag muss sich der Fahrer des Polizeibusses wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten. Wegen Alkohols am Steuer angeklagt ist zudem jener Fahrer, der die Verfolgungsjagd überhaupt erst ausgelöst hatte.
Eine groß angelegte Polizeiaktion
In jener Nacht wird im Norden des Landes eine groß angelegte Polizeiaktion durchgeführt, an der sich neben Beamten auch Polizeischüler beteiligen. Zu der Aktion gehört eine Dokumentenkontrolle in Wemperhardt. Als ein Autofahrer den Kontrollpunkt gegen 1.40 Uhr erblickt, entscheidet er sich, zu wenden. Denn er hat Alkohol konsumiert – eine halbe Flasche Wein und ein paar Bier. Den Berechnungen eines Experten zufolge muss sein Alkoholpegel zum Zeitpunkt der Kontrolle allerdings weniger als 1g/Liter Atemluft betragen haben.
Lausdorn-Prozess beginnt übernächste Woche
Mit Vollgas fährt der Fahrer davon. Sein Beifahrer erblickt auf dem Tacho die Zahl 180. In Höhe einer Tankstelle biegt der Fluchtfahrer dann nach links ab und versteckt sich auf einem Parkplatz vor der Polizei. Das bemerken die Beamten nicht. Sie nehmen mit zwei Streifenwagen die Verfolgung des Fluchtwagens, einem Audi, auf. Als die Beamten im ersten Fahrzeug nach drei Kilometern noch keinen Sichtkontakt zum Flüchtigen haben, stoppen sie auf der N7 in Höhe von Lausdorn einen Fahrer und fragen ihn, ob er von einem Audi überholt worden sei. Da dies nicht der Fall ist, setzt der Fahrer des Polizei-Skodas zum Wenden an. Genau zu diesem Zeitpunkt überholt der Polizeibus die beiden Fahrzeuge und erfasst das Polizeiauto mit voller Wucht auf der vorderen, linken Seite.
Wie ein Ermittler der Inspection générale de la police (IGP) vor Gericht erklärte, sei der Bus-Fahrer wohl davon ausgegangen, dass das erste Polizeifahrzeug den falschen Wagen angehalten hatte. Dass er weiter vorn noch Rücklichter sah, habe ihn in dieser Meinung gestärkt. Er habe beschleunigt und in der Mitte der Fahrbahn gefahren. Am Ende seien dem Fahrer des Busses nur 1,7 Sekunden geblieben, um zu reagieren, so der Ermittler. In dieser Zeit habe er das Fahrzeug noch nach links gezogen und auf 138 km/h abgebremst. Den Unfall vermeiden, habe er nicht mehr können.
Ein Toter, eine Schwerverletzte
Der Aufprall ist derart stark, dass der Motor des Skoda 100 Meter weit aus der Karosserie geschleudert wird und das Steuerrad abbricht. Der Fahrer des Polizeiautos erleidet schwere Kopfverletzungen. Er blutet aus Nase, Mund und Ohren. Zudem gelangen Blut und Teile des Mageninhalts in seine Atemwege, wodurch es zu einem akuten Sauerstoffmangel kommt. Zwar gibt der 39-jährige Mann zunächst noch Lebenszeichen von sich, nur kurz später erliegt er aber noch am Unfallort seinen schweren Verletzungen.
Lausdorn: Anklage gegen Fluchtfahrer vermindert
Seine Beifahrerin wird schwerst verletzt. Bis heute hat sich die Polizistin nicht erholt. Wie die Gerichtsmedizinerin in ihrem Gutachten feststellt, ist die Frau auf einer Seite gelähmt. Zum Zeitpunkt des Unfalls trug sie keinen Sicherheitsgurt. Ob sie diesen gerade erst wegen der Kontrolle gelöst hatte, oder nie angeschnallt war, ist nicht gewusst. Der Expertin zufolge hätten die schweren Kopfverletzungen allerdings durch das Tragen des Sicherheitsgurtes nicht vermieden werden können.
Lausdorn: Ermittlungen stehen vor Abschluss
Die Verletzungen des Polizisten und der Beamtin sind zweifelsohne auf den Unfall zurückzuführen. Die Richter müssen demnach entscheiden, ob der Fahrer des Busses einen Fehler begangen hat. Das könnte sie allerdings vor eine Schwierigkeit stellen: Für das Verhalten im Falle einer Verfolgungsjagd gibt es bei der Polizei keine Dienstvorschriften. Wie der Ermittler der IGP erklärte, gibt es zwar eine Broschüre, die über Eigensicherung informiert, eine Dienstanweisung sei das aber nicht.
Der Prozess vor dem Bezirksgericht Diekirch wird am Donnerstag fortgesetzt.